Hi Ultra,
Vorsicht, es wird ausführlich 
Pim Fortuyn, dessen Partei ansatzweise den Vorstellungen
dieser neuen Kraft entsprach, hat sich sehr auf den Islam
konzentriert. Das lag auch daran, dass von den religiösen
Moslems eine besondere Homophobie ausging und er schwul war.
stimmt; Fortuyn ist ein gutes Beispiel dafür, dass „links“ nicht unbedingt das Gegenteil von „rechts“ ist, worum ja der Thread geht;
was m.E. an ihm klassisch „rechts“ ist (und deshalb wird er für mich ungenießbar, auch wenn mir manches an ihm auch gefiel) ist erstens eine bestimmte Form von Populismus, und ist zweitens das alte Muster der Konzentration auf den einen Feind; Man muss sich im klaren sein, dass wir in einer Phase des Welt-Fundamentalismus leben, und dass die Islamisten garantiert nicht die einzigen homophoben, sexuell repressiven, frauenfeindlichen Faschisten auf der Welt sind: da ist der chinesische Staatsterrorismus, da gibt es in den USA einen starken christlichen Fundamentalismus, da erhebt zunehmend in Indien ein hinduistischer Fundamentalismus die Stimme, in Lateinamerika erstarken die Evangeliken, in Rußland, undundund.
Ja, ich habe mich vielleicht etwas unklar ausgedrückt. Eine
solche Diskussion, welche Kulturen rückständig sind oder
modern, kann man natürlich führen. Doch wenn sich in einem
anderen Staat, zum Beispiel Afghanistan, eine solche
Rückständigkeit breit macht, ist es eine andere Frage, wie man
dagegen vorgeht. Ob ein militärisches Vorgehen im Ausland
sinnvoll ist, steht ja wieder auf einem anderen Blatt. In
erster Linie muss man sich darum kümmern, wie wir hier in
Deutschland (respektive in Frankreich oder den Niederlanden)
damit umgehen.
Das ist grundsätzlich schon richtig, aber dazu gehört natürlich auch der Aspekt, uns zu fragen, wie wir hier in Schäuble-Deutschland und Kärcher-Frankreich für das Ausbreiten dieser weltweiten Fundamentalismen sorgen, und nicht alles diesem bloßen Symptom
Einwanderung aufladen;
wir Europäer und Amerikaner verursachen ganz eindeutig genau die Art der Migrationsströme, die wir dann bekämpfen - und dabei so tun, als wären alle anderen schuld, nur wir nicht.
Kernproblem ist aber nicht allein der Islam, es geht mehr
darum, dass wir in Deutschland oder Holland einen immer größer
werden Bevölkerungsteil mit unterschiedlichem kulturellen
Hintergrund haben. Statt einer multikulturellen Gesellschaft
mit friedlichem Miteinander erleben wir eher die Bildung von
Parallelgesellschaften.
das ist m.E. ebenfalls ein Beispiel für ein klassisches „rechtes“ Zu-Kurz-Greifen; wann haben wir im 20. Jahrhundert ein „friedliches Miteinander“ gehabt?: während der Fresswelle in den 50ern und vielleicht in dieser seltsamen a-politischen Zeit von 75-95 eine Friedhofsruhe; aber sonst fanden sich doch immer bestimmte „Kulturkämpfe“; m.E. war eine „rein-deutsche“ Gesellschaft in den 20ern z.B. (oder vielleicht auch in den 60ern) eher stärker polarisiert als die heutige; da musste man sogar mangels genug „Undeutschem“ genuin deutsche Juden zu „volksfremden“ machen, nur damit man eine Heterogenität suggerieren konnte, die es gar nicht gab.
Nimm doch mal die hier lebenden Türken als Beispiel. Man hat
ja bereits festgestellt, dass es unter ihnen mehr radikale
Moslems gibt als unter den Türken in der Türkei.
Die jungen
Ausländer in Deutschland sind auch häufig kriminell.
Fundamentalismus und Kriminalität sind doch kein automatischer
Bestandteil einer Kultur oder einer Religion.
das ist richtig!
Sie enstehen
dort, wo verschiedene Kulturen aufeinanderprallen. Also hier.
M.E. ist das nicht falsch, aber es greift einfach zu kurz; es ist sicher richtig, dass Radikalisierung grundsätzlich durch Aufeinanderprallen entsteht, in einem Aufschaukelungsprozess;
aber das ist m.E. nicht auf das Aufeinanderprallen der „Großkulturen“ zu beschränken, sondern es ist allgemeiner Natur; wenn aber natürlich diese „großkulturellen“ Differenzen gerade zur Kampflinie gemacht werden, und das tun wir inzwischen dezidiert mit unsere clash-Logik, dann ist es nicht verwunderlich, dass Radikalisierung genau an diesen Linien erfolgt; da sind wir nicht allein schuld - aber wir sind eindeutig daran beteiligt.
Zum zweiten habe ich ja schon betont, dass mir eine andere Form der Mirgation - und damit andere Migranten - lieber wären, nämlich solche, die aus welchen Gründen auch immer freiwillig nach Europa wollen, und nicht solche, die hier halt einfach die Sicherheit für ihr Leben und den Wohlstand suchen, die sie in ihren „Heimatländern“ nicht erhalten können, und ansonsten mit einem kulturellem und ideologischem Projekt „Europa“ nicht viel anfangen können; diese unangenehme Art der Migration verursachen wir aber wiederum selbst in nicht geringem Maße.
(vielleicht wäre genau das ein Schnittpunkt zwischen „links“ und „rechts“, an dem man vernünftig über Einwanderung sprechen könnte)
Ich bin kein klassischer Rechter, sondern komme eher, ähnlich
wie du, von links. Aber diese plumpen Argumentationsweisen der
Linken kann ich nicht mehr teilen. Ich sehe unsere aktuelle
Situation so, wie es ein Leserbriefschreiber im Spiegel es vor
einigen Wochen sah. Er verglich unser Verhalten mit dem
Verhalten von Biedermann. Die „Brandstifter“ sind bei uns und
sie werden immer mehr. Und das einzige was wir tun, ist immer
wieder zu betonen, dass wir diese Leute nicht anfeinden oder
rauswerfen können, denn das wäre ja unhöflich.
Aber ist es nicht hochgradig „plump“ zu glauben, durch das Rauswerfen von Leuten ließen sich die meisten Probleme bereinigen?
Findest Du ehrlich, dass Ayse A. und Dejan D. die größeren Brandstifter sind als die Schilys und Schäubles und Becksteins und Pierers und Henkels und Westerwelles dieses Landes bzw. deren Wähler und Unterstützer?
Was wird denn von Ayse und Dejan hier eigentlich in Brand gesetzt, das nicht ohnehin brennen würde?
(Ich verstehe „Brand“ als ein grundlegendes kollektives Unangehmer-Werden des Lebens hier)
Viele Grüße
Franz