Quasi-Diktate
Hi Helmut
Deine schöne Geschichte hat den Haken
war mir gar nicht bewußt, daß ich eine Geschichte erzählt hab 
… Denn Lorber hat ein D i k t a t niedergeschrieben.
Ich glaube kaum, daß das die korrekte Beschreibung ist für das, was da in einem anderen Menschen vorgeht, wenn dieser Auditionen hat. Denn wir hören ja niemanden sprechen, sondern nur der Visionär - und dieser weiß (fast immer), daß es ein dritter nicht hören kann. Es empfiehlt sich daher eher, zu sagen, er verhält sich genau so, als ob er eine objektive (d.h. auch von anderen wahrnehmbare) Stimme hört. Das macht ja doch gerade das Erstaunliche dieser Phänomene aus!
Daß der Visionär selbst das Erlebte nicht anders beschreiben kann, als „ich schreibe oder sage, was mir diktiert wurde“ ist dabei klar, denn er hört es ja wirklich!
Was ich meinte, war, daß bei diesen Phänomenen immer zwischen dem Hören und dem Diktieren eine Zeitspanne liegt. Daß das Sprechen/Schreiben und das Hören bei Lorber sehr unmittelbar zusammenlag, ist sehr interessant und hab daher vielen Dank für diese Info, denn deine jetzt zitierten Texte kannte ich noch nicht.
Es bleibt aber trotzdem das Problem, daß andere aus diesen Erlebnissen des Visionärs zu entnehmen versuchen, daß da ein existierender Irgendwer (häufig eine göttliche Gestalt) etwas offenbart, was sonst zu wissen menschenunmöglich sei. Daher ja der Kult, der daraus entsteht.
Nehmen wir einmal an, es gäbe (da wir ja hier naturwissenschaftlich kommunizieren, sollten wir das auch im Konjunktiv sagen) immaterielle Wesen, die individuelles Wissen hätten über die Materie (was sie eigentlich als Immaterielle gar nicht interessieren sollte) und diese hätten ein Interesse daran, einem Musiker, dem es (soviel wir über Lorber wissen)zunächst sicher ferne lag, etwas über den Aufbau des Universums wissen zu wollen, darüber etwas mitzuteilen (es ist ja nur ein Teil seiner Auditionen gewesen, die andern haben ja schon eher religiöse Inhalte gehabt).
Dies ist ja wohl die Annahme, von der du auszugehen scheinst - und ich sehe nicht, warum man diese Annahme nicht machen können sollte. Daß Naturwissenschaftler dies im allgemeinen nicht tun und nicht tun sollten, das steht auf einem anderen Blatt. Sie haben notwendigerweise eine Methode der Gewißheitsüberprüfung, der sie verpflichtet sind - im Gegensatz zu einem Visionär, der ja gar nicht behauptet, Naturwissenschaftler zu sein, und der gar keine Verpflichtung hat, seine Aussagen einer Gewißheitskontrolle zu unterziehen.
Warum sollte dieses Wesen dann, wenn es schon so klug ist und außerdem Mitteilungsbedürfnis hat,
sich einer kuriosen Sprache bedienen, die sonst niemand spricht?
(z.B. „Sonnen“… denn dieses Wesen würde wissen, daß das, was die materiellen Wissenschaftler unter einer „Sonne“ verstehen, etwas anderes ist, als was es als solche bezeichnet. „Allalle“ - auch „All“ ist zu dieser Zeit nicht mehr gebräuchlich. Es wurde mal versucht - im 17.Jhdt - damit das „universum“ zu verdeutschen, hat sich aber nicht durchgesetzt, man benutzte eher das Wort „Welt“, aber damit war immer die Gesamtheit aller materiellen Dinge gemeint und nicht - wie bei Lorber - Teilsysteme…).
Denn niemand, der sich einem anderen verständlich machen will (und das will ja nach Voraussetzung dieses Wesen), benutzt trotz besseren Wissens Wörter der bestehenden Sprache in verkehrter Weise…
Dazu kommt, daß dieses Wesen (ebenfalls nach Voraussetzung), sich sicher keine Inkonsistenzen leisten würde und auch sicher nichts äußern würde, was ganz zweifelsfreien Tatsachen widerspricht und auch nichts, was Naturgesetzen widerspricht…
Z.B. „weil kein Mond eine Bewegung um seine eigene Achse haben darf“ - was gemeint ist (kehren ihrem Planeten immer dieselbe Seite zu), stimmt nicht (gibt genügend Gegenbeispiele, wie unten schon erwähnt), aber wichtiger ist, das Gemeinte stimmt nicht überein mit dem was gesagt ist, denn ein Objekt, das einem umlaufenen anderen Objekt stets dieselbe Seite zukehrt, hat ja gerade Eigenrotation - diese ist nur eben von derselben Periode wie die des Umlaufs.
Damit ist also nicht gemeint, daß Lorber keine Auditionen hatte, denn er (das schrieb ich ja schon) hat er offenbar Inhalte gehört/gesagt, die er nicht wissen konnte. Aber es widerspricht den von seinen Verehrern (Neu-Salems-Vereinigung bzw. nach 1945 Lorber-Gesellschaft) gemachten Voraussetzungen.
mäßig schnell, aber ohne je eine Pause des Nachdenkens zu machen
oder eine Stelle des Geschriebenen zu verbessern,
ununterbrochen die Feder, wie jemand, dem von einem andern
etwas v o r g e s a g t wird.
Ja - interessanter Bericht. Aber er schreibt eben auch " wie jemand…" und das ist korrekt.
… er habe während des Vernehmens der ihm einsagenden
Stimme auch die bildliche Anschauung des Gehörten.
Mich würde interessieren, ob der bildliche Eindruck auch irgendwo beschrieben ist…?
Daß Lorber ein Diktat empfing, wird z.B. auch von folgender
Stelle bestätigt:[HiG.02_44.02.08,05] Bei jedem ist Mir der Eifer lieber als
die Lauheit. Du aber mußt träge sein wie ein Fließpapier,
durch das man eine unlautere Flüssigkeit dennoch ganz rein
durchfilterieren kann! Denn in deinem Eifer könntest du so
manches aus deinem Kopfe unters Meinige bringen. Weil Ich dir
aber keinen eigenen Eifer lasse, sondern du alles nur aus
Meinem Eifer tun mußt, ohne daß dabei dein freier Wille
irgendeinen Zwang erhält, so kommt Meine Ware rein ans
Tageslicht!
Das ist ganz zweifellos ein schönes Dokument für das, was im Bewußtsein eines Visionärs vorgeht. Aber dennoch ist der Ausdruck „es ist ein Diktat“ irreführend. Denn damit wird gesagt, daß das „Sprechende“ ein vom Hörenden unabhängiges Subjekt ist. Was wir aber wissen, ist, daß der Visionär das Sprechen so hört, als ob es von einem von ihm unabhängigen Subjekt gesagt sei. „Quasi-Diktat“ wäre daher ein besserer Ausdruck dafür. Sonst werden wir diesem so erstaunlichen Phänomen des menschlichen Bewußtseins nicht gerecht… und vermasseln uns jede Möglichkeit, eines Tages einmal die dem zugrundeliegende Psychologie zu verstehen.
Grüße (und nochmal danke für die Zitate)
Metapher