Sprache ist undeutsch

mit wirklich tiefer Erschütterung habe ich auf den folgenden Artikel im Tagesspiegel von heute (08. Mai 06) reagiert.

nun sollen auch noch die stinknormalen alltäglichen Wörter umgedeutscht werden…

aber lest selber

(Zitatbeginn)
Deutsches Wort für „brainstorming“ gesucht

Hamburg - Die Aktion „Lebendiges Deutsch“ sucht ein treffendes deutsches Wort für „brainstorming“. Laut Duden bezeichnet der Begriff „das Sammeln von spontanen Einfällen, um die beste Lösung für ein Problem zu finden“. Einsendungen können bis zum 18. Mai in das Aktionsfenster bei www.aktionlebendigesdeutsch.de gestellt werden. In der Runde zuvor hatte die Aktion eine Alternative für „airbag“ gesucht. 2015 Interessierte aus 22 Staaten machten 3418 Vorschläge. „Luftkissen“ hieß das häufigste Angebot. Die Jury hat sich für „Prallkissen“ entschieden. Begründung: „Luft“ ist irreführend. Es ist Stickstoff, der von einem Gasgenerator explosionsartig aufgeblasen wird. Urheber der Aktion „Lebendiges Deutsch“ sind unter anderen der Autor und Journalistenausbilder Wolf Schneider und der Vorsitzende des Vereins deutsche Sprache, Walter Krämer. dpa
(Zitatende)

ich frage mich, ob es wirklich notwendig ist, Begriffe des alltäglichen Gebrauchs nur wegen ihrer Herkunft aus dem englischsprachigen Raum zu verurteilen bzw. zwangseinzudeutschen?

Bleiben wir bei der Frage des Airbags. Niemand den ich kenne würde auf die Idee kommen, diesen Begriff als „undeutsch“ zu brandmarken. Und sollte sich der deutsche Begriff „Prallkissen“ ernsthaft durchsetzen, was wäre mit Export-Autos dt. Hersteller bzw. mit Fahrzeugen der ausländischen Konkurrenz?

Oder die Begriffe des Internet? Niemand fragt sich ernsthaft, ob „Homepage“ oder das Kürzel „www“ für immerhin worldwideweb eingedeutsch werden soll, oder? wie soll www zukünftig umgedeutscht heissen?

Eine weitere Frage ist, warum nur die englischen Begriffe eindeutschen, wieso nicht die französichstämmigen oder gar die lateinisch- oder griechischstämmigen Begriffe? Ich hätte da einen Vorschlag für den Vierzylindermotor - dies wäre dann ein „Viertopfzerknalltriebling“…

ist es wirklich DAS, was die erreichen wollen?

LG
Ralf

Airbag = Explosionsschnellaufblasschutzkissen
Aber heißt es nicht auch Schlappscheiben-Triebwerk und Hartscheibe, genau wie Schallbrett, Mutterbrett (wg. der Steckplätze)

Manchmal hört man ja auch was von der Präsident-der-USA-Administration (zu Faul im Übersetzungswörterbuch zu gucken).

Man kann es treiben, man kann es auch übertreiben. Nur von Events, Catering, Location und Shooting zu reden ist genauso unverständliche Flachsprache wie wir IT-Ler in 3-Buchstaben-Kürzelform uns die neueste Problemlösung um die Ears beaten.

In diesem Sinne. Strohfeuer. Ignorieren und Amüsieren.

Deutsche! Esst nur Deutsche Bananen.

Gruß

Stefan

Hallo,

nun sollen auch noch die stinknormalen alltäglichen Wörter
umgedeutscht werden…

man kann in jedem Einzelfall darüber streiten, ob ein neues Fremdwort eine Bereicherung für die deutsche Sprache darstellt oder nur ein weiterer Schritt auf dem Weg zum Kauderwelsch ist.

Viel entscheidender finde ich jedoch die Frage, ob jedes Wort, das irgendwo aufgetaucht, kritiklos in die deutsche Sprache aufgenommen werden muß. Ich persönlich habe also kein Problem damit, daß mal ein Wort in die deutsche Sprache übernommen wird, sondern damit, daß inzwischen für jeden Blödsinn denglische Begriffe verwendet werden.

Und wo wir gerade dabei sind: Von wenigen bemerkt, ist Englisch gerade dabei, nicht nur den Wortschatz sondern auch die Grammatik feindlich zu übernehmen. „Ich erinnere“, „Verhandlungen mit Iran“ und die Apostrophitis sind nur drei Beispiele, die inzwischen sogar Eingang in die Nachrichten der öff.-rechtlichen gefunden haben. Die einzig sprachlich korrekten Nachrichten hört man heute - man höre und staune - beim ausländischen Sender Euronews.

Also: Der Airbag kann meinetwegen bleiben, ebenso wie das Brainstorming und das Internet. Walken, Handy und researchen hingegen lösen bei mir allergische Reaktionen aus.

Gruß,
Christian

oder lieber das?
Ich schließe mich Christian vollinhaltlich an und zitiere Jil Sander in einem FAZ-Interview. Hierfür wurde sie auch verdientermaßen zum Sprachpanscher des Jahres gewählt, ein Auszug:

„Mein Leben ist eine Giving Story. Man muss contemporary sein, das Future-Denken haben. Meine Idee war, die Hand-Tailored-Geschichte mit den neuen Technologien zu verbinden. Und für den Erfolg war mein coordinated Concept entscheidend, die Idee, daß man viele Teile einer Collection miteinander combinen muss. Aber die Audience hat das von Anfang an supported. Der problembewußte Mensch von heute kann diese Sachen, diese refined Qualitäten mit Spirit eben auch appreciaten. Wer Ladysches will, searcht nicht bei Jil Sander. Man muß Sinn haben für das Effortless, das Magic meines Stils."

grüße,

barbara

Hallo,

nun sollen auch noch die stinknormalen alltäglichen Wörter
umgedeutscht werden…

man kann in jedem Einzelfall darüber streiten, ob ein neues
Fremdwort eine Bereicherung für die deutsche Sprache darstellt
oder nur ein weiterer Schritt auf dem Weg zum Kauderwelsch
ist.

Viel entscheidender finde ich jedoch die Frage, ob jedes Wort,
das irgendwo aufgetaucht, kritiklos in die deutsche Sprache
aufgenommen werden muß. Ich persönlich habe also kein Problem
damit, daß mal ein Wort in die deutsche Sprache übernommen
wird, sondern damit, daß inzwischen für jeden Blödsinn
denglische Begriffe verwendet werden.

Und wo wir gerade dabei sind: Von wenigen bemerkt, ist
Englisch gerade dabei, nicht nur den Wortschatz sondern auch
die Grammatik feindlich zu übernehmen. „Ich erinnere“,
„Verhandlungen mit Iran“ und die Apostrophitis sind nur drei
Beispiele, die inzwischen sogar Eingang in die Nachrichten der
öff.-rechtlichen gefunden haben. Die einzig sprachlich
korrekten Nachrichten hört man heute - man höre und staune -
beim ausländischen Sender Euronews.

Also: Der Airbag kann meinetwegen bleiben, ebenso wie das
Brainstorming und das Internet. Walken, Handy und researchen
hingegen lösen bei mir allergische Reaktionen aus.

Der Begriff „Handy“ ist wohl gar nicht englisch. Weder die ENgländer noch die Amis bezeichnen das „Handy“ als „Handy“. Dieses Gerät bezeichnet man wohl nur in D als Handy.

Kurioserweise weiss niemand so genau woher dieser Begriff kommt. Fakt ist, dass es kein englisches Wort ist.

Es gibt aber über seinen Ursprung witzige Spekulationen darüber:

http://www.stern.de/wissenschaft/natur/539694.html?p…

Mfg

Wenig Zukunftsträchtig, da die „Sprachnutzer“ im alltäglichen Umgang über die Entwicklung der Sprache bestimmen und nicht einzelne selbsternannte „Sprachschützer“, wenn dem so wäre würden wir heute noch im Mittelhochdeutschen, Platt oder Bajuwarischen philosophieren. Nicht umsonst musste jetzt selbst der Dudenverlag akzeptieren, dass es in der deutschen Umgangssprache nur noch drei Fälle gibt, da der Genitiv kaum noch genutzt wird, dementsprechende änderungen wurden und werden vorgenommen.

Was diese sinnlose Beschäftigungstherapie der „Sprachbewahrung“ bringen soll weiß ich nicht. Vor ein paar Jahren wurde ja schon mal ein äquvalenter Ausdruck für das Wort „satt“ gesucht, der allerdings dann den Zustand des „keinen Durst mehr“ habens beschreiben sollte. Das ergebnis „sitt“ findet sich zwar tatsächlich mittlerweile in diversen Wörterbüchern, aber nicht im Alltagsgebrauch wider.

Andreas

Das Ganze erinnert mich an eine Kaufhauskette, die, um „in“ zu sein, Rucksäcke nicht als profane Rucksäcke anpries, sondern als bodybags. Für mich die Panscherei des Jahrzehnts.

greetings (sehr unenglisch, übrigens)

Ralph

Meine Güte der Rechtspropagandaminister konnte Bernsteinkraft nicht für Elektrizität durchsetzen. Leute, lernts Englisch, dann wißt ihr auch was Airbag und Brainstorming ist.

Gruß
dataf0x

Es gibt aber über seinen Ursprung witzige Spekulationen
darüber:

http://www.stern.de/wissenschaft/natur/539694.html?p…

Aus dem Schwäbischen: Handy koa Schnua?

Soll wohl heissen „haben die keine Schnur?“. Bin aber kein Schwabe, so dass ich jetzt nicht unbedingt nachvollziehen kann, ob die schwäbische Aussprache hier richtig ist.

MfG

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Vor ein paar
Jahren wurde ja schon mal ein äquvalenter Ausdruck für das
Wort „satt“ gesucht, der allerdings dann den Zustand des
„keinen Durst mehr“ habens beschreiben sollte. Das ergebnis
„sitt“ findet sich zwar tatsächlich mittlerweile in diversen
Wörterbüchern, aber nicht im Alltagsgebrauch wider.

Das war ja auch keine Wahrung der Sprachqualität, sondern der Versuch, einen noch nie im Deutschen vorhandenen Ausdruck zu erfinden.

Leute, lernts Englisch,
dann wißt ihr auch was Airbag und Brainstorming ist.

Ein interessanter Ansatz, aber…

…nein, für was auch?

Das war ja auch keine Wahrung der Sprachqualität, sondern der
Versuch, einen noch nie im Deutschen vorhandenen Ausdruck zu
erfinden.

„Wahrung der Sprachqualität“…was für eine - mit Verlaub - beschissene Floskel. Schon alleine dafür müsste es mal nen vernünftigen Anglizismus geben, damit einem beim Aussprechen nicht schlecht wird. ;o)

Hallo Ralf,

das ist ja wohl wirklich kein Grund zur Veranlassung.

Manche so Leute machen Vorschläge zur Eindeutschung von Fremdwörtern, selten genug, aber manchmal doch, bürgert sich so ein Vorschlag ein.

Dein Zerknalltreibling wird übrigens bei BWM seit alters her „Triebwerk“ genannt. Schon vor langer Zeit lästerte der „Spiegel“ über den Wettstreit zwischen den Autofirmen, wer die meisten und größten „Prallsäcke“ hätte, aber es ist beim Ehrbeck geblieben.

Zum „Brainstorming“ fällt mir spontan das „Ideensammeln“ ein. Für „Homepage im Internet“ sieht man bisweilen die „Leitseite im Weltnetz“, wobei m.E. beide Hauptwörter treffender sind als ihre englischen Gegenstücke.

Das von Dir angedeutete Sprachproblem bei Ausfuhrwaren ist längst gelöst, man tut dann halt „lokalisieren“…

Gruß

Ze

LQM
Language Quality Management

Yo?

Der Begriff „Handy“ ist wohl gar nicht englisch. Weder die
ENgländer noch die Amis bezeichnen das „Handy“ als „Handy“.
Dieses Gerät bezeichnet man wohl nur in D als Handy.

Weiß ich. Das war in der Aufzählung als besonders absurdes Beispiel dafür, daß teilweise sogar scheinenglische Begriffe in die deutsche Sprache übernommen werden. In solchen Fällen (wie auch z.B. Teenager) kann es also nicht darum gehen, daß ein Wort übernommen wird, das einen Sachverhalt, einen Gegenstand oder eine Tätigkeit präziser ausdrückt als es das vorhandene oder noch zu schaffende deutsche Wort kann bzw. könnte.

Das ist es ja gerade, was ich mit der beschriebenen Gier nach der Übernahme englischer (oder hier: scheinenglischer) Worte meinte. Niemand hat etwas dagegen, wenn sinnvolle Fremdworte übernommen werden. Im Augenblick wird aber einfach nur aus mir noch unklaren Gründen eingedeutscht was das Zeug hält.

Gruß,
Christian

Meine Güte der Rechtspropagandaminister konnte Bernsteinkraft
nicht für Elektrizität durchsetzen. Leute, lernts Englisch,
dann wißt ihr auch was Airbag und Brainstorming ist.

Interessanterweise sind es genau die Menschen, die sich mit beiden Sprachen auskennen, die die derzeit betriebene Sprachpanscherei zum Kotzen finden. Die wissen dann nämlich auch, daß es eigentlich sell-and-lease-back-Transaktion heißt und nicht sale-ande-lease-back.

Ich bin des englischen durchaus mächtig, verwende es aber da, wo es hingehört: Im Ausland oder im Gespräch mit Ausländern. Was ich mir den ganzen Tag im Büro an denglischem Geschwafel anhören muß, geht auf keine Kuhhaut mehr. Ich bin mir relativ sicher, daß vielfach mindestens einer der so schlau daherschwafelnden Gestalten gar nicht so genau weiß, worüber gerade eigentlich genau gesprochen wird.

Heute hatte ich auch einen in einer Besprechung, der die ganze Zeit von equity, pledgen und leveragen sprach. Anwesend waren nur Deutsche und es ging um eine Mittelstandsfinanzierung. Wäre der Kunde dabeigewesen, hätte er wahrscheinlich fluchtartig den Saal verlassen.

Gruß,
Christian

Heute hatte ich auch einen in einer Besprechung, der die ganze
Zeit von equity, pledgen und leveragen sprach. Anwesend waren
nur Deutsche und es ging um eine Mittelstandsfinanzierung.
Wäre der Kunde dabeigewesen, hätte er wahrscheinlich
fluchtartig den Saal verlassen.

Nunja es ging doch um Airbag und Brainstorming, welches beide seit Jahren anerkannte Fachwörter für ganz bestimmte Dinge sind und keine neumodischen sinnlosen Gagwörter wie „Bodybag“ oder wie das von dir beschriebene fake Englisch zum Protzen im corporaten business field. Wenn der Airbag ausgemerzt wird, warum dann auch nicht das Interview, das TV, die Hypnose, die Sympathie?

Gruß
dataf0x

Heute hatte ich auch einen in einer Besprechung, der die ganze
Zeit von equity, pledgen und leveragen sprach. Anwesend waren
nur Deutsche und es ging um eine Mittelstandsfinanzierung.
Wäre der Kunde dabeigewesen, hätte er wahrscheinlich
fluchtartig den Saal verlassen.

Nunja es ging doch um Airbag und Brainstorming, welches beide
seit Jahren anerkannte Fachwörter für ganz bestimmte Dinge
sind und keine neumodischen sinnlosen Gagwörter wie „Bodybag“

Das ist nicht sinnlos sondern falsch: Bodybag heißt Leichensack.

oder wie das von dir beschriebene fake Englisch zum Protzen im
corporaten business field. Wenn der Airbag ausgemerzt wird,
warum dann auch nicht das Interview, das TV, die Hypnose, die
Sympathie?

Wie ich an anderer Stelle ausführte, geht es zumindest mir um unnötigerweise und massenweise ins Deutsche übernommene Wörter. Die von Dir genannten Begriffe lasse ich noch durchgehen. Meetings, Citycall oder car configerator gehören in die andere Kategorie.

Gruß,
Christian

Der Begriff „Handy“ ist wohl gar nicht englisch. Weder die
ENgländer noch die Amis bezeichnen das „Handy“ als „Handy“.
Dieses Gerät bezeichnet man wohl nur in D als Handy.

Weiß ich. Das war in der Aufzählung als besonders absurdes
Beispiel dafür, daß teilweise sogar scheinenglische Begriffe
in die deutsche Sprache übernommen werden. In solchen Fällen
(wie auch z.B. Teenager) kann es also nicht darum gehen, daß
ein Wort übernommen wird, das einen Sachverhalt, einen
Gegenstand oder eine Tätigkeit präziser ausdrückt als es das
vorhandene oder noch zu schaffende deutsche Wort kann bzw.
könnte.

Das ist es ja gerade, was ich mit der beschriebenen Gier nach
der Übernahme englischer (oder hier: scheinenglischer) Worte
meinte. Niemand hat etwas dagegen, wenn sinnvolle Fremdworte
übernommen werden. Im Augenblick wird aber einfach nur aus mir
noch unklaren Gründen eingedeutscht was das Zeug hält.

Die Problematik sehe ich genauso wie du. Mein Kommentar sollte nur ergänzend wirken nicht verneinend.

Ich finde auch, dass die die Kauderwelsch sprechen Möchtegern-Intellektuelle sind. Denn, wäre jemand wirklich intellektuel einer Sprache mächtig, so könnte er auch die entsprechenden Wörter der entsprechenden Sprache verwenden.

Aber dieses Sprachproblem gibts in jedem Land. DIe ganze Welt erkrankt dran, dass das englisch-amerikanische alle anderen Sprachen dominiert und seinen Weg dorthin findet.

Zudem ist es verkürzt gedacht, wenn man das Problem nur auf der sprachlichen Ebene sieht. An sich ist das Problem nicht nur auf die Sprache beschränkt, sondern auch an alle anderen bereiche der anderen Kulturen. Mir fällt zb. de Bereich der Kleidung ein. DIeses wird aber so automatisch angenommen und angewendet. Nur bei der SPrache hat man EINwende.

Die Frage wäre zb. warum man eine Jeanshose lieber anzieht als die Lederhose. Oder eher zu einem Cowboyhut neigen würde als irgendein „heimischer“ Hut.

Die Beispiele sind jetzt blöd und klingen sehr platt, aber mir sind keine besseren eingefallen.

Wenns so weiter geht, werden sich alle Kulturen (mit ihrer Kleidung, ihrer Sprache etc) an die englisch-amerikanische Variante angepasst sein.

Leider hat man nur dann ein Problem, wenns die Sprache betrifft.

MfG