Hallo exc.
hier ist sicher der falsche Ort für Grundsatzdiskussionen (vielleicht eher das Geschichts-Board)
Formulieren wir es anders: Was ist der Unterschied zwischen
DDR und Kommunismus Deiner Auffassung? Oder genauer: Wäre die
Freiheit des Einzelnen stärker oder weniger stark
eingeschränkt als in der DDR?
So kurz und knapp wie möglich:
Es geht hier ganz sicher nicht um „Kommunismus meiner Auffassung“, sondern um objektive Analyse:
„Kommunismus“ ist nach Marx eine bestimmte Etappe der Geschichtsentwicklung, welche nicht mehr durch Klassengegensätze gekennzeichnet ist.
„Sozialismus“ ist in gewisser Weise eine Zwischenetappe zwischen Kapitalismus und Kommunismus, die erst weit nach Marx ausformuliert worden ist (Definition: im Sozialismus herrrschen nach wie vor Klassengegensätze, diese sind aber nicht mehr antagonistisch, also nicht mehr strukturverändernd, zur Revolution führend; Kapitalismus: antagonistische Klassengegensätze, Kommunismus: keine Klassengegensätze)
Das alles ist in diesem Zusammenhang aber nur von theoretischer Bedeutung.
Festzuhalten ist: Die Ostblockstaaten haben sich nie als „kommunistischer“ Staat verstanden, und werden auch nicht ersthaft als solcher verstanden.
Die andere Frage ist die, ob die Ostblockstaaten überhaupt „sozialistisch“ waren; hier muss man differenzieren:
politisch aus meiner Sicht möglicherweise, ideologisch sicherlich, wirtschaftlich aber meines Erachtens nicht. Gründe:
In einem kapitalistischen Weltsystem (niemand kann davon ausgehen, dass der Kapitalismus an Staatsgrenzen gebunden ist), einem System also, das als Ganzes dem Wert-Gesetz unterworfen ist, kann keine einzige isolierte Volkswirtschaft letztlich anders handeln als kapitalistisch;
dies haben die Ostblockstaaten eben auch getan; die Produktionsmittel dort war sehr wohl größtenteils verstaatlich, der Staat aber ist letztlich als Kapitalist aufgetreten und war so dem Auf und Ab des Weltmarktes ausgesetzt. Mann muss also die Ökonomie der Ostblockstaaten viel mehr als Staatskapitalismus oder als Neo-Merkantilismus begreifen denn als Sozialismus.
Außerdem muss man bedenken, dass die Ökonomie der Ostblockstaaten bis Mitte der 60er Jahre hinein, hervorragende Wachstumsraten zu verzeichnen hatte, und dass der Bruch dieses Wachstums kein isolierter, der angeblich sozialistischen Volkswirtschaft immanenter Bruch war, sondern die „Ostblockvariante“ dessen, was wir im Westen ab Ende der 60er Jahre als die „Grenzen des Wachstums“ bzw. auch als Übergang zur Dienstleistungsgesellschaft diskutiert haben. Die Krise der Ostblock-Ökonomie war also eindeutig eine Krise des kapitalistischen Weltsystems, wie sich vielleicht am besten auf politisch-ideologischer Ebene darin zeigt, dass das 68er-Phänomen sowohl im Westen wie auch im Osten (v.a. „Prager Frühling“) auftrat, etc.
All diese Gründe und noch viel mehr, machen es sinnvoll, differenziert und un-ideologisch mit den Begriffen: Sozialismus, Kommunismus, etc. umzugehen.
Viele Grüße
franz