Hallo Steven,
höflich wie ich bin gebe ich gerne meinen Kommentar dazu ab (auch wenn er sehr ausführlich geworden ist):
Also, formulieren wir es so. der kapitalismus lässt den
Menschen die Freiheit, über ihr Leben selbst zu entscheiden,
sich frei zu entfalten.
sagen wir mal so: er behauptet es, aber: weder der, der die Zeit zur Entfaltung hätte (z.B. der Arbeitslose) kann sich entfalten, weil ihm das Geld fehlt, noch der der das Geld hat (z.B. der Gutverdienende) kann sich frei entfalten, weil er ganz schön eingespannt ist, um weiterhin das Geld zur möglichen Entfaltung zu haben; der einzige der sich einigermaßen entfalten kann ist so einer wie ich, der das Glück hat, wohlhabenden Eltern zu entspringen.
Lange Rede kurzer Sinn: jedes ökonomische und jedes politische System unterteilt die Leute in privilegierte und unter-privilegierte, jedes System arbeitet mit Anreizen und mit Repressionen; das dürfte unstrittig sein, die entscheidende Frage ist doch: welches dieser Systeme und damit welche Repressionen und Verteilungsformen sind für wen akzeptabel und welche nicht. Dass natürlich nach Formen gesucht wird, die theoretisch für a l l e akzeptabel sein müssten („Kommunismus“) halte ich nicht für verwerflich, lediglich für etwas naiv und etwas zu theologisierend („Himmelreich auf Erden“);
Im Sozialismus hatten wir schon die
Einschränkung, dass der soz. Staat die Richtung vorgibt und
jegliches freies Denken brutal abwürgt.
Das stimmt natürlich, ich würde auch ganz bestimmt kein gutes Haar an diesem „Ostblock-Experiment“ lassen, die Frage ist aber doch legitim, ob dieses hohe Maß an Repression eine Folge der Marxistischen Ideologie geschweige denn der Marxistischen Lehre der Ökonomie war, oder nicht etwa doch eine Folge sehr spezifischer historischer Umstände.
Übrigens bin ich auch keineswegs davon überzeugt, dass wir hier in der BRD allzu frei denken und handeln dürfen angesichts einer doch arg monopolisierten und im Meinungsspektrum arg beschränkten Medienlandschaft; natürlich funktioniert hier das „Abwürgen“ der freien Meinung auf ganz andere Weise (und natürlich auch auf mit sehr viel geringerem „Blutzoll“), gänzlich zu bestreiten aber ist es keineswegs.
China sieht sich als kommunistisches Land.
Das ist der absolut entscheidende Punkt; erstens sieht es sich nicht als „kommunistisch“, sondern als „sozialistisch“, zweitens mag es „sozialistische“ Politik betreiben, ökonomisch aber handelt es ganz sicher nicht „sozialistisch“: Privateigentum ist und wird gerade garantiert um ausländische Direktinvestoren anzulocken, stark zunehmender Außenhandel, etc. Es muss also am Weltmarkt und seinen Gepflogenheiten teilnehmen, damit -um nicht sofort Ruin zu erleiden- muss es gemäß dessen Strukturen handeln; und die Strukturen des Weltmarktes sind doch wohl eindeutig kapitalistisch (das dürfte vollkommen unumstritten sein)
Von den
antiamerikanischen Teutschen wird ja immer vorgeworfen, das
USA ein böses Land mit ihrer Todesstrafe sind.
Diese
Gutmenschen sind auch meistens die Kommunismusbefürworter.
- hat sich die USA den Antiamerikanismus (der ja nun nicht gerade auf Deutschland beschränkt ist) teilweise auch selbst zuzuschreiben,
- heißt Antiamerikanismus nicht immer einfach „Haß auf ein Land“, sondern auch rationale Ablehnung einer Kultur-Politik-Ökonomie-Form
- hat das mit unserer Diskussion nichts zu tun
Aber keiner von den mindergeistigen Teutschen hat sich jemals
Gedanken über die Menschenrechte im kommunistischen Land China
mit der weltweit größten Hinrichtjgsquote gemacht.
völlig richtig, Schröder ist ja geradezu das Paradebeispiel; die Politik Chinas besteht aber aus sehr viel mehr Faktoren, als dass sie nur „kommunistisch“ wäre, was sie ja nicht mal ist; China ist aus vielerlei Gründen (!) ein hoch-autoritäres Regime.
Also, wie willst du gegen freies Denken vorgehen, wie
behandelst du Systemkritiker, was machst du mit Menschen, die
sich einen Vorteil gegenüber anderen verschaffen?
Ich verstehe hier einfach nicht, was solche Fragen sollen? Die Tatsache, dass man aufzeigt, dass die ökonomischen aber auch politisch-moralischen Auswirkungen des Kapitalismus weit an dem vorbeigehen, was er von sich selbst auf ideologischer Ebene erzählt, ist doch noch lange nicht daran geknüpft, dass man eine ausformulierte Staats-Utopie entwickeln kann. Was hat das eine mit dem anderen zu tun?
Außerdem könnte ich die Frage ja auch einfach an Dich zurückgeben:
Wie willst Du dagegen vorgehen, dass seit Jahrzehnten weltweit jeden Tag wieder in einer dreiviertel Stunde soviele Menschen an den Folgen von Hunger sterben, wie in China im ganzen Jahr hingerichtet werden? Was willst Du dagegen tun, dass ca. die 300 wohlhabendsten Familien in Geldwert genausoviel besitzen wie die halbe Menschheit? (by the way: diese Zahlen sind vollkommen unumstritten!)
Ich glaube auf einer solchen Ebene lässt sich weder diskutieren, noch politisch vernünftig handeln.
In einem kapitalistischen Weltsystem (niemand kann davon
ausgehen, dass der Kapitalismus an Staatsgrenzen gebunden
ist), einem System also, das als Ganzes dem Wert-Gesetz
unterworfen ist, kann keine einzige isolierte Volkswirtschaft
letztlich anders handeln als kapitalistisch;
Mit dieser Schlussfolgerung gibt es nie Kommunismus.
Das ist volkommen daneben; wenn ein ökonomisches System nicht an Staatgrenzen gebunden ist, ja sogar prinzipiell als unbe-grenz-bar ausgelegt ist, was der Kapitalismus im Gegensatz zu seinen Vorgängermodellen (Feudalismus, Naturalientauschsystemen, etc.) unbestritten ist, dann wird doch wohl klar sein, dass entweder das ganze System eine neue Operationsweise annehmen muss um „nicht-kapitalistisch“ sein zu können, oder aber jeder Versuch, eine kleine „Insel“ darin zu errichten, immer an seiner Umgebung, also am Kapitalismus ausgerichtet sein muss.
So etwas ist logisch überhaupt nicht zu bestreiten, es sei denn man könnte empirisch nachweisen, dass der „Ostblock“ nicht an der Weltwirtschaft ausgerichtet war, also auch ö k o n o m i s c h, nicht nur politisch, ein Parallelsystem war; und das ist empirisch absolut nicht haltbar, und heute an China gut ersichtlich.
Im System
waren die Staaten Staatskapitalistisch, intern aber
sozialistisch. Wie schwer war esin der DDR, eine eigene Firma
zu gründen?
Man konnte im Grunde gar keine Firma in der DDR gründen, aber: kannst Du innerhalb einer Firma eine Abteilung „gründen“, die unabhängig vom Vorgehen der Gesamtfirma operieren will? Wohl kaum; die Quintessenz dessen, dass die DDR „staatskapitalistisch“ war, ist ja gerade, dass ihre Ökonomie genau wie eine Firma (in unserem Sinne) organisiert war; innerhalb einer Firma gibt es ja auch Pläne und Sollgrößen, nicht aber einen Markt, sondern im besten Fall den Versuch, Marktmechanismen als Anreizsysteme einzuführen, wirken zu lassen, was eben in der DDR auch geschehen ist; den „Helden der Arbeit“, also ein Anreizsystem, das nicht auf finanzielle, sondern auf eher psychologische Anreize setzt, findet man bei uns doch auch zuhauf (Mc Donalds, in fast jedem Supermarkt; Hierarchien in größeren Firmen, etc.)
Viele Grüße
franz