Die Gedanken der Rache
Hallo,
Welchen deiner Rachegedanken hast du denn schon erprobt?
Keinen einzigen.
Würdest du allerdings danach fragen, welchen ich schon gedacht habe, dann wäre die von mir erstellte Liste nur die harmlose Spitze des Eisbergs
.
Und genau das ist doch der Punkt, an dem sich Computerspieler von Amokläufern unterscheiden: Das Spiel mit der Rache, mit der Lust daran, den anderen den eigenen Schmerz spüren zu lassen, ist in meinen Augen ganz entscheidend wichtig bei der Verarbeitung von derartigen Dingen.
So wie Menschen Heldenträume brauchen, brauchen sie hin und wieder auch Vergeltungsträume.
Dass es Menschen gibt, die einen Schritt weitergehen und ihre Phantasien in die Realität umsetzen, kommt vor. Diejenigen, die es tun, werden in der Regel die bittere Erfahrung machen, dass die Wirklichkeit bei weitem nicht das bereithält, was die Phantasie versprochen hat und sich letzten Endes selber bestrafen.
Menschen mit gesunden Selbstregulierungsmechanismen, werden das Ganze dort lassen, wohin es gehört: In ihrem Kopf. Und bei der besten Freundin, deren Job es in diesem Fall übrigens ist, gemeinsam die Liste der Rachetaten zu verlängern, anstatt mahnend den Zeigerfinger zu heben. Die fungiert nämlich als Spiegel der eigenen Rachegelüste und führt einem dabei anschaulich vor Augen, wie bescheuert das Ganze eigentlich ist. Dadurch wird das Herz weit genug entlastet, um das Hirn wieder klar denken lassen zu können. Und das ist unglaublich hilfreich, wenn es ums Verarbeiten geht.
Diejenigen, die sich all das verbieten, hängen oft ziemlich lang in Leid und Selbstmitleid fest. Sie erlauben dem Schmerz, sich in ihnen festzusetzen und fühlen sich ihm hilflos ausgeliefert. Die Planung eines Rachefeldzugs aktiviert die Erkenntnis, gar nicht machtlos zu sein. Und das hilft, das eigene Leben wieder in Angriff nehmen zu können.
Schöne Grüße,
Jule