Guten Abend!
Es gibt Leute, die machen eine lange schwierige Ausbildung um
anschlöießend die Früchte zu ernten, und es gibt Leute mit
einer eher einfach stukturierten Ausbildung (oder gar keiner),
die bekommen halt ein geringes Einkommen! Ich halte es für
extrem arm, sich über verschiedene Entlohnungen aufzuregen!
Stell mich bitte in die analytische Ecke und nicht in die zornige. Deine angesprochene Proportionalität zwischen Ausbildung und Lohnniveau halte ich für ein hübsches Märchen und gibt die Realitäten kaum wieder. Den Job bekommt meistens derjenige, der Vitamin-B in der Firma hat. Da der Gutausgebildete nunmehr mit Stellenbewerbern des gesamten Globus zu konkurrieren hat, wird es immer jemanden geben, der weniger Gehalt verlangt oder extreme Zugeständnisse macht.
Ach so - ich war 15 Jahre im Bergbau beschäftigt. Also tu mir
den Gefallen und erzähle mir nichts über Schichtarbeit!
Ich fand Nachtschicht nicht unangenehmer als Frühschicht…
Dann solltest du dich über die gesundlichen Folgen von dauernder Nachtarbeit mal wieder etwas schlau machen. Individuell kann man alles positiv empfinden - der eine verträgt Alkohol, der andere nicht - doch die Empirie und meine langjährigen Erfahrungen mit Nachtschichten sehen diese als nicht gerade förderlich für die Gesundheit an.
Es mindert die Lebensqualität nicht halb so sehr, wie eine
Arbeitslosigkeit (kannste mir glauben - ich habe beides hinter
mir).
Die Bedingungen für einen Beruf müssen okay sein, dann ist Berufstätigkeit besser als Arbeitslosigkeit. Wenn man die Arbeitgeber aus der Forderung entlässt gutbezahlte, gesunde und interessante Arbeitsplätze anzubieten, dann hat man nur noch Rund-um-die-Uhr-Malocher, die Lebensqualität überhaupt nicht mehr denken können und politisches Handeln nur noch den Leuten in den Liegestühlen und Pools überlassen. „Besser ein Mistjob, als keiner“ ist Arbeitgeberideologie.
Wenn es dort keine Jobs gibt, dann wird eben ALG+ gezahlt. Es
kann nicht sein, dass die einen unter beliebig schlechten
Bedingungen malochen
Von beliebig schlecht kann bei einem greifenden Tarifvertrag
kaum die Rede sein!
Ein Tarifvertrag ist ja etwas Ausgehandeltes, d.h. den kann es ja anscheinend bezüglich Freigabe des 24h-Verkaufes nicht geben, weil die Gewerkschaft - klugerweise - dem widerspricht. Insbesondere wird der aktuelle Trend beobachtet, der permanent auf Niedriglöhne, 1-Euro-Job und landwirtschaftliche Saisonarbeit zielt, während die Bedingungen per Nachtarbeit und weltweiter Mobilität immer schwieriger werden. Es gibt nun einmal die konkreten Erfahrungen unserer Eltern, wie die Arbeit gestaltet wird, wenn solche Verschlechterungs-Trends nicht konsequent unterbrochen werden: Arbeitsdienst, Zwangsarbeit, KZ-Maloche, Gefangenschaft in Workuta.
abgesehen davon, dass ich solche Neid-Parolen immer
unglaublich lächerlich finde
Ich bin niemals neidisch, sondern an ausgewogenen gesellschaftlichen Verhältnissen interessiert. Wenn eine Mutter nunmehr tagsüber ihre Kinder betreuen kann und Nachts für die Miete der Wohnung arbeitet, während der dreizigjährige Unternehmersohn im Liegestuhl sein Jever trinkt und überlegt, ob Wohnheime und unbar-materielle Leistungen für die Arbeitskräfte eventuell kostengünstiger und konkurrenzfähiger wären, dann stimme ich immer für bestimmte faire Grundbedingungen - zu denen zählt, dass Nachtarbeit eine Ausnahme sein sollte.
Ähm - Im Wort Dienstleister kommt das Wort dienen vor. Wenn
ein Verkäufer das nicht begreift, hat er den falschen Beruf.
Damit setzt du bestimmte Akzente, die auch als Trend festgestellt werden können: Die Betonung des Untertanentums. Diese Stimmung hat ein Typ aus der Personalwirtschaft mit seiner 1-Euro-Job-Reform aufgebracht, d.h. die deutschen Ingenieure, Lehrer und Industriemeister haben trotz aller Zeugnisse nur noch die Qualifikation für einen Lohn von 1-Euro/h.
Das denke dir bitte einmal durch. Es ist ein Irrglaube, dass
es bezüglich beliebig schlechter Arbeitsbedingungen eine
Grenze oder sogar freiwillige Selbstkontrolle gäbe. Es geht
auch immer um eine gerechte Gesamtgesellschaft - da möchte ich
eine Vielzahl von Leuten erstmal rund um die Uhr malochen
sehen - am besten für 5,- Euro wie in der Landwirtschaft.
Wer redet denn von rund um die Uhr? Ich rede von Schichtdienst
- da rödelt man keine 12 oder gar 24 Stunden am Stück.
Frag’ die Krankenschwestern, Ärzte, Polizisten, Anlagenoperateure. Zweischichtdienst am Wochenende ist durchaus üblich - was heute teilweise üblich ist, kann morgen die vorherrschende Norm sein, weil die Arbeitsbedingungen der 3. Welt immer mehr hier kopiert werden.
Es gibt auch unglaublich viele Schutzgesetze und Richtlinien -
was erzählst Du also?
Du selber plädierst im Moment dafür eines zu eliminieren - genauso werden die anderen beseitigt, wenn der Trend nicht unterbrochen wird.
Vielleicht liegt das Deine darin, dass Du glaubst, angebliche
Arbeitnehmerverbände (die in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeber
schon längere Zeit nur noch Nullrunden fahren, massiv Personal
abbauen, die Ausbildung schon eingestellt haben und
Einschränkungen der Arbeitnehmerrechte wegen des Status
„Tendenzbetrieb“ gnadenlos ausnutzen) würden ihre
Mitgliederinteressen wahrnehmen und nicht nur Politik spielen
wollen!
Wir leben in keiner idealen Welt - dies gilt auch für die Bedingungen der Gewerkschaften. Interesse der Arbeitnehmer und Mitglieder ist es, die Arbeitsbedingungen nicht beliebig schlechter werden zu lassen - hier verfügt diese Interessenorganisation der Lohnabhängigen über reichlich historische Erfahrung.
MfG Gerhard Kemme