Hallo,
ich bin etwas überrascht, dass aus Deiner Frage, die mE eigentlich einfach und eindeutig zu beantworten ist, solch ein langer Diskussionsthread entstanden ist - ohne dass jemand die Frage zutreffend beantwortet hat. Deine Frage ist allerdings auch nicht gerade glücklich gestellt. Auf eine Alternative ‚Glaube oder Taufe‘ läuft es jedenfalls nicht hinaus.
Deine Kollegin hat jedenfalls eindeutig unrecht. Die Taufe gehört zwar zum Initiationsritus der katholischen Kirche, sie ist aber durchaus nicht ausreichend, um jemanden zum Katholiken zu machen.
Gehen wir der Einfachheit halber erst einmal von der Erwachsenentaufe aus, die ja ursprünglich der ‚Normalfall‘ war. Sie folgt auf das Katechumenat, also auf die gründliche Unterweisung im Glauben. Es handelt sich grundsätzlich um eine rituelle Reinigung, wie sie in vielen Religionen (z.B. im Judaismus oder im Islam) bekannt ist. Die vollständige Initiation bedarf in der katholischen Kirche zweier weiterer Sakramente: der Bestätigung (confirmatio, Firmung) sowie der Eucharistie in Form der Erstkommunion. Nach Abschluss des Katechumenats (2-3 Jahre) wurde durch Spende dieser drei Sakramente die Initiation in die Kirche vollzogen.
Die Besonderheit bei der Kindertaufe ist nun, dass das Taufsakrament zeitlich ‚vorgezogen‘ wurde. Das hat nun mE wiederum weniger etwas mit der Funktion der Taufe als Initiationsritus zu tun (in diesem Alter ziemlich sinnlos), sondern mit seiner Funktion als Reinigungsritus. Die hohe Kindersterblichkeit vergangener Jahrhunderte macht es verständlich, dass man dieses Sakrament, das als Symbolhandlung den Menschen von der Erbsünde reinigt, schon Neugeborenen zuteil werden lassen wollte. Im Zusammenhang damit steht die Theorie des limbus puerorum, in dem die Seelen Ungetaufter (also mit der Erbsünde Behafteter), die jedoch frei von persönlicher Schuld sind, einen nachtodlichen Aufenthalt finden. Diese theologische Lehre ist übrigens auf Betreiben Papst Benedikts XVI. seit etwas über einem Jahr nicht mehr offizielle katholische Doktrin.
Mithin hat man Dich als Kind einem katholischen Reinigungsritus unterzogen - nach katholischem Verständnis bist Du damit frei von der Erbsünde. Ohne Firmung und Erstkommunion (denen wiederum die Unterweisung, das Katechumenat vorangeht) bist Du aber noch kein Christ. Das geht eindeutig aus dem Corpus Iuris Canonicus (Es handelt sich hier um ein kirchenrechtliches , nicht theologisches Problem) hervor:
Can. 842 § 2 Sacramenta baptismi, confirmationis et sanctissimae Eucharistiae ita inter se coalescunt, ut ad plenam initiationem christianam requirantur. (Die Sakramente der Taufe, der Firmung und der heiligsten Eucharistie sind so eng miteinander verbunden, daß sie zur vollen christlichen Initiation erforderlich sind.)
Katholischer Christ bist Du also erst nach Empfang von Taufe, Firmung und Erstkommunion - jedenfalls im kirchenrechtlichen Sinne. Nur im Sinne des deutschen Staatskirchenrechts (ein ganz anderes Paar Stiefel) gehörst Du allein durch die katholische Kindstaufe steuerlich der öffentlich-rechtlichen Körperschaft eines deutschen Bistums an.
Wenn Du nun aus der Kirche austrittst - dann trittst Du eigentlich nicht aus „der Kirche“ aus, sondern aus der öffentlich-rechtlichen Körperschaft ‚Bistum Köln‘ (oder Mainz, Tier …). Aus der Kirche tritt man nicht aus (das ist kirchenrechtlich nicht vorgesehen), aus der wird man ausgeschlossen - d.h. mit dem sog. Kirchenaustritt ist zumindest in Deutschland automatisch die Exkommunikation verbunden, da der Austritt einen Verstoß gegen CIC Can. 209 § 1 darstellt:
Christifideles obligatione adstringuntur, sua quoque ipsorum agendi ratione, ad communionem semper servandam cum Ecclesia. (Die Gläubigen sind verpflichtet, auch in ihrem eigenen Verhalten, immer die Gemeinschaft mit der Kirche zu wahren.)
Die Erklärung des Kirchenaustritts wird in Deutschland also generell als Apostasie a fide (Abfall vom Glauben) gewertet, die mit Exkommunikation ‚bestraft‘ wird. Auch wenn Du die Sakramente Taufe, Firmung und Kommunion empfangen hast, bist Du in Deutschland durch die Erklärung des Austritts aus der katholischen Kirche exkommuniziert - also auch seitens der Kirche von ihr ausgeschlossen.
Zur Zeit ist der Vatikan bestrebt, da etwas Bewegung in die Sache zu bringen, stößt jedoch dabei auf wenig Gegenliebe seitens der Deutschen Bischofskonferenz (vgl. z.B. http://www.stern.de/politik/deutschland/:Vatikan-Kei… ). Dabei wäre noch zu beachten, dass der Verzicht auf zwangsläufige Exkommunikation bei Austritt, den Papst Benedikt anstrebt, natürlich nur für Fälle gedacht ist, wo alleine aus finanziellen Gründen (also wegen der Kirchensteuer) der Austritt aus der Kirche erklärt wird - nicht, wenn es sich um Apostasie handelt.
Freundliche Grüße,
Ralf