Widerspruch sinnvoll?

Hallo,

nehmen wir mal an ein Ehepaar wohnt berufsbedingt 200 km auseinander. Nun hat der Ehemann eine neue Stelle ab 11.9. als Lehrer (Quereinstieg) in der Nähe des gemeinsamen Erstwohnsitzes. Die Frau arbeitet Vollzeit.

Der Mann kündigt nun seine Stelle im 200km entfernten Arbeitsort, da er ja den Umzug vor sich hat und sich auf den Unterricht vorbereiten möchte.

Ein paar Artikel drunter ist von der DA 144.93 die Rede und die Diskussion der Auslegung. Laut AA-Mitarbeiterin des Ehemannes sei die DA „nicht so gemeint“ und er bekommt eine Sperre - er hätte ja auch zum 331.8. kündigen können.
Nun hat der Ehemann aber die frühere Kündigung mit Umzug, Wideraufbau eines Ehelebens und Vorbereitung des Unterrichts erklärt. Dies hat die Mitarbeiterin nicht gelten lassen. Obwohl man dargelegt hat, dass per Quereinstieg (also noch nie unterrichtet) im Lehrerberuf gut vorbereitet werden muss.

Ist hier ein Widerspruch sinnvoll? Und wenn ja was soll man da noch schreiben? Das gleiche zum 10. mal? Und ist diese DA wirklich Auslegungssache und „nicht so gemeint“ (hat die Mitarbeiterin wirklich so gesagt). Kommt der Widerspruch wieder an diese zudem sehr unfreundliche Mitarbeiterin (dann wäre er ja sinnlos). Oder ist es normal, dass erstmal alles abgelehnt wird und ein Widerspruch was helfen könnte?

Ich weiß hier hat niemand eine Glaskugel :smile: Aber ich wäre um eine Einschätzung sehr dankbar.

Grüße
Jessica

Wann hat der Mann gekündigt? Heute ist bereits der 3.9. Am 11.9. soll der Unterricht losgehen. Warum beantragt er Leistungen bei der Agentur für die kurze Zeit? Verstehe ich nicht.
Der Widerspruch kommt zur Widerspruchstelle. Ja, auch wenn es zum x-ten Mal ist: Eine ausführliche Begründung ist hilfreich.

So, jetzt kommen wir zu den Detailfragen! :smile:
Hi!

Der Mann kündigt nun seine Stelle im 200km entfernten Arbeitsort,

Zu wann?

da er ja den Umzug vor sich hat und sich auf den Unterricht vorbereiten möchte.

Nach dieser Aussage und dem Zitat der Kollegin nehme ich nicht an, dass er zum spätest möglichen Termin gekündigt hat, der hier (selbstverständlich unter Fristeinhaltung) der 31.08.09 gewesen wäre?

Ein paar Artikel drunter ist von der DA 144.93 die Rede und die Diskussion der Auslegung. Laut AA-Mitarbeiterin des Ehemannes sei die DA „nicht so gemeint“

Grmpf, natürlich ist er so gemeint! Aber den Satz meinte die Kollegin sicher anders, denn natürlich ist ihr klar, dass der Mann grundsätzlich kündigen durfte – aber an anderer Stelle in den Vorschriften (die ich gerade leider nicht finde, die aber definitiv existiert!) steht auch, dass ein AN natürlich dafür Sorge zu tragen hat, dass der Versicherungsfall (= die Arbeitslosigkeit) möglichst spät eintritt!

und er bekommt eine Sperre - er hätte ja auch zum 31.8. kündigen können.

Wenn man also bspw. bereits zum 31.07.09 kündigt (Gründe wie Umzug zählen da nicht), obwohl er fristgerecht genauso gut erst zum 31.08.09 hätte kündigen können, ist zumindest ein Monat der Arbeitslosigkeit selbst verschuldet ohne den sog. „wichtigen Grund“, was eine Sperrzeit nach sich zieht!

Aber: Aller Wahrscheinlichkeit nach darf hier keine 12-wöchige Sperrzeit (also die „normale“ Dauer) verhängt werden, sondern der Sperrzeitraum müsste auf 3 oder 6 Wochen gekürzt werden!
Nachzulesen, warum und ob der Fall hier zutrifft, kann man in § 144 (3) SGB III: http://bundesrecht.juris.de/sgb_3/__144.html
Wichtiger Hinweis zur Erläuterung: Das im § genannte „Ereignis, das die Sperrzeit begründet“ ist immer der letzte Tag des Beschäftigungsverhältnisses (nicht etwa der Tag, der auf dem Kündigungsschreiben steht o. Ä.)!

Nun hat der Ehemann aber die frühere Kündigung mit Umzug, Wiederaufbau eines Ehelebens und Vorbereitung des Unterrichts erklärt. Dies hat die Mitarbeiterin nicht gelten lassen.

Zurecht. Dies sind keine wichtigen Gründe im Sinne des Gesetzes. (Alle anerkannten wichtigen Gründe sind in den Durchführungsanweisungen (DAs) zu § 144 SGB III nachzulesen: http://www.arbeitsagentur.de/zentraler-Content/A07-G…)

Obwohl man dargelegt hat, dass per Quereinstieg (also noch nie unterrichtet) im Lehrerberuf gut vorbereitet werden muss.

Vor dem Gesetz irrelevant. Es ist halt oft so, dass bei vielen Gründen, die subjektiv (und oft auch objektiv) für den Betroffenen einen „wichtigen Grund“ darstellen, der Gesetzgeber hier jedoch eine ganz andere Meinung vertritt – und dessen Meinung ist nun mal die maßgebliche. Da kann auch die AA-Mitarbeiterin nichts machen (selbst, wenn sie Verständnis hätte).

Ist hier ein Widerspruch sinnvoll?

Wenn eine 12-wöchige Sperrzeit verhängt wurde und einer der im o. g. § 144 (3) SGB III genannten Voraussetzungen vorliegt, dann ja!
Ansonsten: nein.

Und wenn ja was soll man da noch schreiben? Das gleiche zum 10. Mal?

Nein, sicherlich nicht.

Stichhaltiger Widerspruchsgrund, um die Sperrzeit GANZ aufgehoben zu bekommen wäre, wenn man anhand des Tarifvertrages (der Arbeitsvertrages oder wo auch immer die AN-Kündigungsfristen geregelt waren) nachweisen kann, dass eine spätere Kündigung nicht möglich war.
Wäre sie es objektiv gewesen, ist ein Widerspruch, der zum Ziel hat, dass die Sperrzeit vollständig zurückgenommen wird, sinnlos (da die angeführten Gründe eben keine wichtigen i. S. d. Gesetzes sind).

Um die Sperrzeit verkürzt zu bekommen, müsste im Widerspruchsschreiben nur auf § 144 (3) SGB III (sofern dessen Voraussetzungen wirklich vorliegen) verwiesen werden. Der Widerspruchs-SB sähe dann sofort, dass hinsichtlich der Sperrzeitdauer falsch entschieden wurde.

Und ist diese DA wirklich Auslegungssache und „nicht so gemeint“

NEIN, NEIN, NEIN!!!

(hat die Mitarbeiterin wirklich so gesagt).

Leider kommen viel zu viele Kollegen zu oft in Erklärungsnot und sagen den Kunden dann objektiv falsche Dinge, weil sie es eben nicht richtig erklären können (weil sie es nie richtig gelernt haben … aber das ist ein anderes Thema).

Kommt der Widerspruch wieder an diese zudem sehr unfreundliche Mitarbeiterin (dann wäre er ja sinnlos).

Nein. Widerspruchsschreiben werden zwar erstmal an die zuständige AA-Stelle geschickt, aber dort wird dann nur die Akte rausgesucht und diese dann zusammen mit dem Widerspruch an die Widerspruchsstelle weitergeleitet, wovon JEDE AA eine besitzt. Dort wird dann über den Widerspruch entschieden.

Wird der Widerspruch ZUGUNSTEN des Kunden entschieden, fertigt der Widerspruchs-SB eine positive Stellungnahme an und sendet den ganzen Kram wieder an die Leistungsabteilung der AA zurück. Dort wird dann ein sog. „Abhilfebescheid“ erstellt und ggf. Nachzahlungen und die Rücknahme bzw. Änderung des Sperrzeitbescheids erledigt.

Wird der Widerspruch zu UNGUNSTEN des Kunden entschieden, schreibt die Widerspruchsstelle selbst einen Bescheid, indem unter Nennung der Rechtsgrundlagen erklärt wird, warum dem Widerspruch nicht stattgegeben werden kann und dass der Kunde nun die Möglichkeit hat, vor dem Sozialgericht zu klagen.

Oder ist es normal, dass erstmal alles abgelehnt wird

Auch wenn uns das von Verschwörungstheoretikern immer wieder gerne unterstellt wird, entspricht es nicht der Wahrheit, dass die SBs erstmal alles ablehnen sollen! Das wäre mindestens Rechtsbeugung!

und ein Widerspruch was helfen könnte?

Fehler macht jeder SB. Wenn er einen gemacht hat, dann nützt ein Widerspruch auch was.

LG
Jadzia

Hi!

Hallo,

erstmal danke für die Einschätzung.

Der Mann kündigt nun seine Stelle im 200km entfernten Arbeitsort,

Zu wann?

Sorry habe ich vergessen zu schreiben: zum 31.7.

da er ja den Umzug vor sich hat und sich auf den Unterricht vorbereiten möchte.

Nach dieser Aussage und dem Zitat der Kollegin nehme ich nicht
an, dass er zum spätest möglichen Termin gekündigt hat, der
hier (selbstverständlich unter Fristeinhaltung) der 31.08.09
gewesen wäre?

Richtig, der 31.8. wäre auch gegangen.
Was ich nicht ganz verstehe: warum ist v.a. das Unterricht vorbereiten kein Argument? Als Quereinsteiger hat man noch kein einziges Thema vorbereitet. Innerhalb 2 Wochem umziehen + Unterricht vorbereiten ist doch wohl echt zuviel verlangt. Und wenn das mit dem Unterrichten nicht klappt, dann wird er wieder entlassen und braucht wirklich ALG1 UND einen neuen Job. Es kann doch wohl nicht sein, dass das von einem Arbeitnehmer verlangt wird und später, wenn er aufgrund mangelnder Vorbereitung seinen neuen Lehrerjob wieder los ist schauen alle doof.

Vor dem Gesetz irrelevant. Es ist halt oft so, dass bei vielen
Gründen, die subjektiv (und oft auch objektiv) für den
Betroffenen einen „wichtigen Grund“ darstellen, der
Gesetzgeber hier jedoch eine ganz andere Meinung vertritt –
und dessen Meinung ist nun mal die maßgebliche. Da kann auch
die AA-Mitarbeiterin nichts machen (selbst, wenn sie
Verständnis hätte).

Genau das verstehe ich nicht, wie oben schon beschrieben zählt das ja zur Erhaltung des neuen Arbeitsplatzes.

Grüße
Jessica

Kein Handlungsspielraum! -> Gesetzgeber/Gerichte
Hi!

Was ich nicht ganz verstehe: warum ist v.a. das Unterricht vorbereiten kein Argument?

Das sollte man den Gesetzgeber fragen. :smile: Oder (wenn ein Widerspruch abgelehnt wird) klagen und sehen, wie das die Gerichte sehen.

Jedenfalls ist das nach den aktuellen Regelungen kein anerkannter wichtiger Grund, weswegen sowohl die Entscheidung des SBs als auch der Widerspruchsstelle nur eine sein kann: Sperrzeit.

LG
Jadzia

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Hallo,

danke für Deine doch sehr ernüchternde Antwort. Das trägt nicht gerade dazu bei wieso ich einsehen sollte soviel Sozialabgaben zu zahlen :frowning: Da bemüht man sich und wird hinterher ins Hinterteil getreten und andere bekommen Leistungen wo man es manchmal echt nicht versteht.
Da gibt es Leute wie diesen Ehemann, der 2 Jahre eine Wochenendehe in Kauf nimmt, um überhaupt Arbeit zu haben, findet endlich eine neue Arbeitsstelle, möchte sich darauf vorbereiten damit er sie nicht gleich wieder verliert und das ist der Dank. Und wenn sie ihn wieder werfen, weil er seinen Unterricht nicht gebacken bekommt (er wird ja sofort voll eingesetzt, mit vollem Stundenplan) dann kriegt er ALG1. Super Sache!

Wie sieht es aus: kann man in dem Widerspruch statt einer 3-monatigen Sperre eine 4-wöchige beantragen? Ich meine, wenn der Ehemann auf Ende August gekündigt hätte hätte er die verbliebenen 2 Wochen bis zum Arbeitsanfang ja auch ALG1 bekommen.

Kopfschüttelnde Grüße
Jessica

verkürzte Sperrzeit
Hi!

Kann man in dem Widerspruch statt einer 3-monatigen Sperre

12-wöchige :smile:

eine 4-wöchige beantragen?

Eine 3-wöchige. Und nicht „beantragen“, sondern sich in der Widerspruchsbegründung auf § 144 (3) Nr. 1 SGB III (http://bundesrecht.juris.de/sgb_3/__144.html) berufen, da ja zum 31.08.09 eine Eigenkündigung allem Anschein nach ohne Eintritt einer Sperrzeit zulässig gewesen wäre (aufgrund von DA 144.93: http://www.arbeitsagentur.de/zentraler-Content/A07-G…)!

LG
Jadzia

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