Zeit!

Hallo Thomas,

das ist nicht kurz zu erklären, sondern müsste weiter
ausgeführt werden. Gerade in der hier im Forum leider
notwendigen Kürze liegt die Gefahr.

ich muß dennoch einiges klären.

Im dialektischen Materialismus wird die Marxsche Grundidee des
historischen Materialismus (Geschichtstheorie,
Gesellschaftstheorie) auf die Natur übertagen. Kennzeichnend
für den Diamat sind folgende Merkmale:

andersherum. Die Bewegungsgesetze der Natur wurden auf die Bewegung/Entwicklung der Gesellschaft übertragen angewandt, die da wären:

  • die Widerspiegelungstheorie (halte ich für falsch, zumindest
    für problematisch, im Prinzip für vorkantisch metaphysisch)

nein, das ist Dialektik. Der Antagonismus zwischen Bewußtsein und Selbstbewußtsein.

  • die Materialitätsbehauptung für alles Sein (halte ich auch
    für falsch bzw. für ebenso problematisch)

Was soll es sonst „sein“?

  • die These, dass die Welt erkennbar ist (ist ganz sicher
    falsch)

Das hatten wir.

  • die These, dass erkennen immer in Gesamtzusammenhängen vor
    sich geht bzw. gehen muss (ist auch ganz sicher falsch)

ist von Hegel

  • die These von der Wirklichkeit als Bewegung (darüber könnte
    man in gewissen Bedeutungen reden, das halte ich nicht für
    gänzlich absurd, allerdings in deiner Fassung für unhaltbar)

Nein, Original Marx: „Die Bewegung ist die Daseinsweise der Materie. Nie und nirgends hat es Materie ohne Bewegung gegeben oder kann es sie geben.“ aus dem Antidühring, Apriorismus (mit Marx erstellt)

  • die These vom Kampf der Gegensätze (das halte ich nicht für
    falsch, aber für banal und im Diamat für überzogen).

vorher fehlt das erste Bewegungsgesetz der Natur: die Negation der Negation.
die drei heissen richtig:
das Gesetz des Umschlagens von Quantität in Qualität und umgekehrt;

das Gesetz von der Durchdringung der Gegensätze;

das Gesetz von der Negation der Negation.
„Kampf der Gegensätze“ klingt da, ideologisch eingefärbt, doch wesentlich klassenkämpferischer.
Aber es sind Bewegegungsgesetze der Natur, angewandt auch auf doie Gesellschaft, nicht umgekehrt.

  • die These vom Umschlagen der Quantität in Qualität (das
    halte ich für absurd und geradezu gefährlich)

Das ist so in etwa das grundlegende.
In den ersten Jahren hatte Marx nur an Hegel herumgefummelt. Dieses kann man auch aus idealistischer Sicht lesen, ist kein reiner „nur“ Diamat.
Aber bereits das Manifest solltest du unter Anwendung obiger Gesetze lesen. Es ist allgemeingültig.

Gruß
Frank
PS: Diamet ist auch weiter zu entwickeln! Marx ist mit den Naturwissenschaften nie fertig geworden.

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Nein, ich meinte geben. Gibt es Materie in der Vergangenheit,
Zukunft? Zeig sie mir.

Schau um Dich. Alles, was Du siehst, ist Materie in der Vergangenheit. Materie in der Zukunft kann ich Dir nicht zeigen, da es die jetzt „zeigbare“ in der Zukunft vielleicht nicht mehr gibt…

Mit dem selben recht kannst du auch behaupten, du kannst in
die Zukunft sehen. Sonst würdest du gegen jede Laterne laufen

-)

Deshalb ja auch der :wink:

Zeit ist die Spanne zwischen zwei Ereignissen. Wirkung, nicht
Ursache. Du setzt sie a priori.

Zeit ist Teil des „Spielfeldes“, auf dem Ereignisse stattfinden.

Nix da. Zukunft und Vergangenheit sind die beiden
antagonistischen Seiten der objektiven Realität, der
Gegenwart. Was sonst?

Sagte ich schon: Es sind schlichtweg mentale Krücken, um uns in unserer Umwelt zurechtzufinden.

Die Zeit ist sehr wohl in Abschnitte geteilt. Halte vor deinem
geistigen Auge kurz die Welt an und sage mir exakt, wie spät
es ist.

Das ist so eine unsinnige Frage. Korrekt wäre höchstens: "…wie spät es exakt für Dich (oder wen auch immer) ist. Hängt vom Initialsystem ab. Und von dem gewählten Nullpunkt. Für mich persönlich würde ich auf die Uhr und den Kalender schauen und Dir die entsprechenden Werte geben.

PS: das ist nicht der einzige Unsinn in der Physik

Nö, das ist keiner. Wobei natürlich auch die Physik manchmal Irrläufer hat.

Nein, ich meinte geben. Gibt es Materie in der Vergangenheit,
Zukunft? Zeig sie mir.

Schau um Dich. Alles, was Du siehst, ist Materie in der
Vergangenheit.

Dann gibt es zwangsläufig keine Gegenwart. Es gibt dich also garnicht. Den induktiv ußt du diese Aussage auch auf jeden Quant umlegen.

Kubi - glaubs mir. Hier handelt es sich um einen Denkfehler. Lies dazu nochmal bei Engels zu Zeit und Apriorismus und denk drüber nach.
Gruß
Frank

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Hallo DannyFox64,

lieben Danke für die „vier“ Sätze… :wink:

Ehrlich, mit den esotherisch anmutenden Quellen will ich mich eigentlich nicht rumschlagen müssen. Blöderweise verstehe ich aber die knallharten Philosophen auch nicht. Und für die Quanten- oder relativitätstheoretische Betrachtung fehlt mir leider das methematische Rüstzeug. Oh weh, ob ich da jemals weiter komme?

Als einfache „vergleichsweise“ Beispiele für „Zeitqualität“,
so dass man auch im modern-westlich orientierten Denken
annähernd nachvollziehen kann, was gemeint ist:

  • Wenn ich in Mitteleuropa in den Urlaub fahren will, und es
    soll schön warm sein, dann doch am besten in den Sommermonaten
    Juni, Juli oder August. Will ich dagegen in einen Ski-Urlaub,
    ja dann doch besser im Dezember, Januar, Februar…

Da ist ein gutes Beispiel, allerdings für meine Ursprüngliche Aussage, daß Zeit selbst nicht die Eigenschaft „Qualität“ hat. Das Wetter und mein Leben und meine Absicht und die Berge, das Meer, die Sonne, alles das in Existenz und Ausprägung sind „in“ bzw. „durch“ der Zeit vorhanden, aber sie sind nicht selbst Teil der Zeit (zumindest nicht, wenn man davon absieht, daß alles eins ist und die Zeit auch die Sonne und die Sonne der Berg und der Berg die Zeit usw, was einem [mir] nicht hilft, irgendwas zu verstehen).

Zeitqualität ist eine innere Realität, die durch ein
Verständnis vom Aussen, und da dann der gesamte Kosmos, als
Projektion für ein Erleben dient.

Ja, aber ja! Das meinte ich ja auch mit meiner ursprünglichen Aussage! Zeitqualität ist etwas, was wir der Zeit geben, und nicht etwas, was die Zeit an sich definiert. Zeit gäbe es auch - das nehme ich jetzt an - wenn es kein Bewußtsein gäbe. Andersherum gibt es aber Bewußtsein (und mithin die „innere Realität“) nur, weil es auch Zeit gibt.

Da aber alles verbunden und

  • zumindest in seiner Gesamtheit - eins ist, entsteht auch
    beim Individuum eine Wirklichkeit davon.

Das verstehe ich nicht wirklich.

Dethlefsen z.B. schreibt in Schicksal als Chance
darüber: …

Zeit wird hier also definiert durch das Eintreten von Ereignissen. Das macht die Physik ja auch, glaube ich. Im Unterschied geht Dethlefsen aber einen Schritt weiter und schreibt, daß eis eine Eigenschaft der Zeit ist, daß ein Ereignis stattfindet, und diese Eigenschaft ist die Qualität. Habe ich das so richtig verstanden? Wenn nein, wie dann? Und wenn ja, was ist damit gewonnen (mich verwirren dann die „Gemische“ beliebig vieler Qualitäten beliebig vieler, sich (zeitlich?) beliebig überlappender Ereignisse… oder ist das eigentlich auf so eine Art „Elementarereignis“ bezogen…???)?

Will sagen: HTH (hope this helps)

ID! (It does!)

Danke also nochmal und viele Grüße,

Jochen

Deine Sicht des dM
Hallo Frank,

ich muß dennoch einiges klären.

kein Problem.

andersherum. Die Bewegungsgesetze der Natur wurden auf die
Bewegung/Entwicklung der Gesellschaft übertragen angewandt,

Da bist du leider falsch informiert.

  • die Widerspiegelungstheorie (halte ich für falsch, zumindest
    für problematisch, im Prinzip für vorkantisch metaphysisch)

nein, das ist Dialektik. Der Antagonismus zwischen Bewußtsein
und Selbstbewußtsein.

Das ist auch falsch.

  • die Materialitätsbehauptung für alles Sein (halte ich auch
    für falsch bzw. für ebenso problematisch)

Was soll es sonst „sein“?

Nur daraus, dass du keine Alternative für denkbar hältst, folgt nicht, dass es keine Alternative gibt. Das zu erklären, wäre hier zu kompliziert, insbesondere weil du nicht bereit bist, die einfachsten Sätze zu prüfen, sondern sie sofort verwirfst. Aber einen Hinweis kann ich schon geben: Der Begriff „Sein“ ist mehrdeutig. Allenfalls könnte man sagen die Materialitätsbehauptung gilt für das materielle Sein, aber das wäre eben eine analytische Aussage.

  • die These, dass erkennen immer in Gesamtzusammenhängen vor
    sich geht bzw. gehen muss (ist auch ganz sicher falsch)

ist von Hegel

Ja, aber deswegen muss es nicht richtig sein.

Nein, Original Marx: „Die Bewegung ist die Daseinsweise der
Materie. Nie und nirgends hat es Materie ohne Bewegung gegeben
oder kann es sie geben.“ aus dem Antidühring, Apriorismus (mit
Marx erstellt)

Abgesehen davon, dass der Anti-Dühring von Engels stammt (und eben nicht von Marx!; ich weiß gar nicht, wie oft ich das wiederholen soll), ist der zweite Satz ja durchaus richtig, der erste aber ist missverständlich, eben weil der Seinsbegriff hier ontologisch (und damit eigentlich metaphysisch!) verwendet wird.

das Gesetz des Umschlagens von Quantität in Qualität und
umgekehrt;
das Gesetz von der Durchdringung der Gegensätze;
das Gesetz von der Negation der Negation.

Aber nicht alle drei Gesetze sind schon bei Marx da. Meiner Erinnerung nach ist im hM nur das Umschlagegesetz genannt. Aber das habe ich jetzt nicht ganz präsent.

Aber es sind Bewegegungsgesetze der Natur, angewandt auch auf
doie Gesellschaft, nicht umgekehrt.

s. o.

In den ersten Jahren hatte Marx nur an Hegel herumgefummelt.
Dieses kann man auch aus idealistischer Sicht lesen, ist kein
reiner „nur“ Diamat.
Aber bereits das Manifest solltest du unter Anwendung obiger
Gesetze lesen. Es ist allgemeingültig.

Wie schön, wenn man eine Religion hat (insbesondere auch wenn sie „Engels“ heißt)!

PS: Diamet ist auch weiter zu entwickeln! Marx ist mit den
Naturwissenschaften nie fertig geworden.

Nur zu, allerdings würde ich vorher an deiner Stelle die eigene Ahistorizität überprüfen, weil du nämlich ziemlich dogmatisch die Engelslinie (verfälscht natürlich) vertrittst, ohne über die historische Entwicklung bescheid zu wissen. Das ist ziemlich deutlich.
Man soll die Fehler, die man anderen vorwirft, zuerst bei sich selbst tilgen, finde ich.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

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Hallo Jochen!

lieben Danke für die „vier“ Sätze… :wink:

Gern geschehen. :smile:

Ehrlich, mit den esotherisch anmutenden Quellen will ich mich
eigentlich nicht rumschlagen müssen. Blöderweise verstehe ich
aber die knallharten Philosophen auch nicht. Und für die
Quanten- oder relativitätstheoretische Betrachtung fehlt mir
leider das methematische Rüstzeug. Oh weh, ob ich da jemals
weiter komme?

Aber Du bist doch damit schon weiter gekommen.
Und andererseits muss man nicht die Vorstellungen anderer nachvollziehen, verstehen können. Da hat jeder sein eigenes Bild von Wirklichkeit…

Als einfache „vergleichsweise“ Beispiele für „Zeitqualität“,
so dass man auch im modern-westlich orientierten Denken
annähernd nachvollziehen kann, was gemeint ist:

  • Wenn ich in Mitteleuropa in den Urlaub fahren will, und es
    soll schön warm sein, dann doch am besten in den Sommermonaten
    Juni, Juli oder August. Will ich dagegen in einen Ski-Urlaub,
    ja dann doch besser im Dezember, Januar, Februar…

Da ist ein gutes Beispiel, allerdings für meine Ursprüngliche
Aussage, daß Zeit selbst nicht die Eigenschaft
„Qualität“ hat. Das Wetter und mein Leben und meine Absicht
und die Berge, das Meer, die Sonne, alles das in Existenz und
Ausprägung sind „in“ bzw. „durch“ der Zeit vorhanden, aber sie
sind nicht selbst Teil der Zeit

Bei Zeit kommt es stark auf die Betrachter-Position an. Sowohl rückwärtig (Vorstellung von „Vergangenheit“) als auch vorwärts (Vorstellung von „Zukunft“).

(zumindest nicht, wenn man
davon absieht, daß alles eins ist und die Zeit auch die Sonne
und die Sonne der Berg und der Berg die Zeit usw, was einem
[mir] nicht hilft, irgendwas zu verstehen).

Also: letzteres in Klammern hast Du da möglicherweise falsch verstanden. „Sonne“ ist nicht gleich „Berg“, „X“ ist nicht gleich „Y“ usw.!

Mit dem „Einssein“ meine ich immer, dass alles, was existiert, gleichzeitig vorhanden ist. Betrachte den GESAMTEN Kosmos: alles darin ist gleichzeitig (in irgendeinem Zustand) vorhanden. Dass da Licht von den Sternen hierher vielleicht auch Milliarden von Zeiteinheiten (Jahre) braucht, stört dabei nicht.

Der Zeitbegriff (in diesem Falle der Quantität, Zeit-Menge) hängt unmittelbar mit einem erkennbaren Unterschied von dem Vorher und dem Nachher zusammen.

Zeitqualität ist eine innere Realität, die durch ein
Verständnis vom Aussen, und da dann der gesamte Kosmos, als
Projektion für ein Erleben dient.

Ja, aber ja! Das meinte ich ja auch mit meiner ursprünglichen
Aussage! Zeitqualität ist etwas, was wir der Zeit
geben, und nicht etwas, was die Zeit an sich
definiert.

Aber ja. Aber nicht nur „wir“ (Menschen)…

Zeit gäbe es auch - das nehme ich jetzt an - wenn
es kein Bewußtsein gäbe. Andersherum gibt es aber Bewußtsein
(und mithin die „innere Realität“) nur, weil es auch Zeit
gibt.

…Bewusstsein kann jede Form haben, aber da natürlich immer nur der Form entsprechend. Dabei ist’s für uns häufig schwer, anderes Bewusstsein als solches zu verstehen oder gar zu akzeptieren. Oder würdest Du einem Stein, einem Kristall, einem Auto, Flugzeug, Haus… ein Bewusstsein zumessen? Paradoxerweise haben aber Gegenstände trotzdem ein Bewusstsein, nur dass wir es nicht nachvollziehen können, weil „es“ jeweils auf einer ganz anderen Ebene liegt. (Ein Stein „denkt“ vielleicht so was wie: „Ich bin hart.“ usw.) Etwas leichter tun wir uns mit Tieren und drücken das dann auch einmal aus: „…dieser ist wie ein Falke, jener wie ein Fuchs, ein anderer wie ein Bär…“

Da aber alles verbunden und

  • zumindest in seiner Gesamtheit - eins ist, entsteht auch
    beim Individuum eine Wirklichkeit davon.

Das verstehe ich nicht wirklich.

Stelle Dir dazu imaginär den gesamten Kosmos vor und suggerierend wieder "Das sind wir! - In jedem Bewusstseinszustand, auf allen Ebenen, in jeder Realität, zu jeder Zeit…"
(Ich habe es einmal für mich zum Selbstverständnis so ausgedrückt: Der gesamte Kosmos, mit allem drum und dran, bis hin zum letzten Echo und der Hintergrundstrahlung, ist der Leib Gottes, also die konkrete Ausformung…)

Dethlefsen z.B. schreibt in Schicksal als Chance
darüber: …

Zeit wird hier also definiert durch das Eintreten von
Ereignissen. Das macht die Physik ja auch, glaube ich. Im
Unterschied geht Dethlefsen aber einen Schritt weiter und
schreibt, daß eis eine Eigenschaft der Zeit ist, daß ein
Ereignis stattfindet, und diese Eigenschaft ist die Qualität.
Habe ich das so richtig verstanden? Wenn nein, wie dann?

Nein, die Zeit wird eigentlich nicht durch das Eintreten von Ereignissen „definiert“, sondern die Latenz (Möglichkeit, dass etwas so-und-so stattfinden kann), ist zu jedem Abschnitt einer Zeit EINMALIG!

Und wenn ja, was ist damit gewonnen (mich verwirren dann die
„Gemische“ beliebig vieler Qualitäten beliebig vieler, sich
(zeitlich?) beliebig überlappender Ereignisse… oder ist das
eigentlich auf so eine Art „Elementarereignis“ bezogen…???)?

Die Gemische oder Mischungen… brauchen nicht wirklich zu verwirren.
Evtl. kommen wir damit näher:

Alles Existente mit eigener Dynamik kann etwas verursachen.
Konkret: Ein Mensch verursacht mehrere verschiedene Situationen / Dinge an einem Tag. Das tut aber jeder Mensch. Dadurch kommt es zu zahlreichen Überlappungen von Verursachungen.
Mit einer Verursachung hat sich aber bereits die Zukunft in Bezug auf die Möglichkeiten, die danach erlebbar sind, verändert. Und bei vielen Ursachen entsteht einfach ein Gemisch daraus.

Ich meine, das sehen die Physiker auch nicht anders. Sehr interessent sind dabei immer wieder die Erkenntnisse von Teilchen-Wissenschaftlern und Kosmologen, im übrigen alles sehr sehr ähnlich. Und die Esoteriker betrachten weniger das reine Äussere sondern mehr die innere Qualität der Dinge (in dem Sinne: das Potential, was möglich ist), zumindest sollten sie das. :wink:

CU DannyFox64

Richtigkeiten und Fragen
Hi Thomas!

Im dialektischen Materialismus wird die Marxsche Grundidee des
historischen Materialismus (Geschichtstheorie,
Gesellschaftstheorie) auf die Natur übertagen.

Meinst du das methodisch oder historisch? Im Sinne, zuerst
wurde der hist.Materialismus „erfunden“, dann daraus der
dialekt. abgeleitet? Oder ist es (deine) Erklärung für
Zusammenhänge zwischen den beiden?

sowohl als auch. Der dialekt. Materialismus ist zwar in
Ansätzen bei Marx vorhanden bzw. man kann das so
interpretieren, aber die Ausarbeitung stammt von Engels. Es
handelt sich aber nicht um meine Erklärung, sondern um die
Darstellung von Marxisten und Marxhistorikern - nur die
einzelnen Formulierungen stammen natürlich von mir, aber das
kann man in jeder Darstellung des Marxismus nachlesen.

Wir sollten unserem Publikum nicht vorenthalten, daß weder M. noch E. von dem hist./dialekt. Materialismus sprachen, für sie war es materialistische Dialektik, was sie beschäftigte. Du erlaubst antiken Autoren, kein System ausgearbeitet zu haben. Ich erlaube es auch den Dioskuren des 19. Jhs.

z.B.: http://www.agmarxismus.net/vergrnr/m14_3.htm
(Der Text von K.Grabke, empfehlenswert!)

Kennzeichnend
für den Diamat sind folgende Merkmale:

  • die Widerspiegelungstheorie (halte ich für falsch, zumindest
    für problematisch, im Prinzip für vorkantisch metaphysisch)
  • die Materialitätsbehauptung für alles Sein (halte ich auch
    für falsch bzw. für ebenso problematisch)
  • die These, dass die Welt erkennbar ist (ist ganz sicher
    falsch)
  • die These, dass erkennen immer in Gesamtzusammenhängen vor
    sich geht bzw. gehen muss (ist auch ganz sicher falsch)
  • die These von der Wirklichkeit als Bewegung (darüber könnte
    man in gewissen Bedeutungen reden, das halte ich nicht für
    gänzlich absurd, allerdings in deiner Fassung für unhaltbar)
  • die These vom Umschlagen der Quantität in Qualität (das
    halte ich für absurd und geradezu gefährlich)
  • die These vom Kampf der Gegensätze (das halte ich nicht für
    falsch, aber für banal und im Diamat für überzogen).

Da hier viele „falsche“ Thesen entlarvt wurden, könnte man
aufgrunddessen „richtige“ Thesen aufstellen, nicht wahr?
Das wären:

  • Kant (oder noch besser Neukantianismus?);
  • Idealismus;
  • Nicht-Erkennbarkeit der Welt = Agnostizismus;
  • noch einmal Agnostizismus;
  • Ahistorizität;
  • Verzicht auf die Dialektik der Bewegung, Entwicklung.

Nein, das würde ich ablehnen, weil Kant und erst recht
der Neukantianismus nicht in allen Punkten Recht hat
(gleichwohl muss man - das genau ist meine Überzeugung - durch
Kant hindurch, und genau deshalb trete ich für die Kantlektüre
ein, aus keinem anderen Grund; über Einzelheiten kann man dann
immer noch diskutieren).

Das freut mich, ich hatte schon Angst, es gäbe richtige und falsche Philosophien.

z.B.: http://www.ml-werke.de/andere/kpdv06.htm

Idealismus ist - auch das habe ich hier mehrfach gesagt

  • genauso richtig wie der Materialismus. Es sind keine
    Gegensätze, sondern sie beziehen sich auf verschiedene Dinge,
    nämlich der Idealismus auf das Subjekt, der Materialismus auf
    das Objekt.

Ich behaupte, daß es komplizierter ist. Mehr noch, daß wir - in diesem Brett, auch mit Kindern und Pubertierenden immer noch, - nicht in Begriffen wir richtig und falsch über Philosophien, geschweige denn Materialismus und Idealismus reden sollten.

Zum Agnostizismus weiter unten.

Die Ahistorizität ist ein echtes Manko der
vorhegelschen Philosophie, aber eben bei Hegel angelegt, nicht
erst bei Marx (wobei du vielleicht weißt, dass ich sogar auf
die Hegellektüre Lenins vor einigen Wochen positiv hingewiesen
habe).

Für einen Link wäre ich dankbar :smile:

Die Dialektik der Bewegung ist etwas, worüber man
durchaus diskutieren kann, nur meine ich, dass die Darstellung
Franks unsinnig ist, weil man - bevor man die Dialektik der
Bewegung angeht - den normalen Weg über formale Logik gehen
muss. Man darf die formale Logik nicht einfach ausschalten,
sondern muss die dialektische Logik als Erweiterung der
formalen Logik sehen (wie schon bei Hegel, eigentlich sogar
schon bei Kant, aber das ist bekanntlich umstritten).

Da bin ich endlich mit dir einverstanden :smile:

Ist der Agnostizismus eine richtige Philosophie?

Die einzelnen Links werde ich mir gleich erst ansehen. Zuvor
meine eigene Stellungnahme: Der Agnostizismus ist
falsch, wenn er absolut gesehen wird, aber als vorläufige
Methode ist er unverzichtbar.

Autsch. In diese Richtung kann ich nicht mitgehen.

Das ist eigentlich nicht ganz
richtig ausgedrückt, weil wir beide unter „Agnostizismus“
anscheinend etwas anderes verstehen. Mir wäre lieber, du
würdest zustimmen, wenn wir sagen, dass skeptische Vorsicht
bei aller Philosophie die richtige vorläufige Vorgehensweise
ist. Und genau diese skeptische Vorsicht vermisse ich bei
vielen Marxisten, insbesondere bei Engels.

Kennst du Skeptiker im 19.Jht? Ein Beispiel? Ich habe keins parat.
Heute bin ich selbst, wie du schon weißt, ein glühender Bewunderer der Methode von Odo Marquard. Bei Engels allerdings fühle ich mich deshalb immer noch sehr gut aufgehoben, da ich seine Ironie immer gerne als Skepsis (miß)verstehen darf :smile:

Ich fasse noch einmal zusammen: Ich bin kein Agnostizist, wohl
aber ein methodischer Skeptiker; Kant ist nicht
alleserklärend, wohl aber bedeutend in seiner historischen
Stellung und zwar auch für Marx; der Neukantianismus ist eine
Karikatur der Philosophie Kants, nicht mehr (ebenso wie
Marxismus häufig mit Marx sehr wenig zu tun hat übrigens.
Daraus dass eine Philosophie falsch ist, folgt nicht, dass
eine andere richtig ist, es ist eine Verkürzung, die zu diesen
Irrtümern führt.

Ich bin nur durch öfteren Gebrauch des Wortes „falsch“ in deinem oben zitierten Text überhaupt zur Idee gekommen, etwas zu posten. Warum ist eine Philosophie falsch, wenn du mit ihr nicht einverstanden bist?

Reicht dir das als Kurzdarstellung? Das Problem ist ja, dass
ich hier aufgrund dieser Vereinfachungen immer als Kantianer
dargestellt werde. Es ist richtig, dass ich Kant für sehr
bedeutend halte. Aber keine Philosophie ist die allein
richtige. Ich würde noch weiter gehen: Keine Philosophie kann
alleine richtig sein, weil sie in dem Augenblick, in dem sie
es werden wollte, notwendig dogmatisch wird.

Du sagst es.

Auch die Darstellung, dass Kant „Idealist“ sei, geht auf diese
frühen Irrtümer zurück. In der zweiten Auflage der KrV findet
sich eine ausdrückliche „Widerlegung des Idealismus“. Leider
steht sie recht weit hinten im Buch, wohin viele Leser gar nicht
gelangen.

Ich übernehme aus deinen zweiten Text nur diese einzige Stelle, um sie auch (leider nur kurz) zu kommentieren: Diese deine Behauptung ist sehr interessant. Ich hätte gerne ein paar Beweise. Ist denn Kant kein Idealist?

P. S. Übrigens finde ich, dass so die Diskussion durchaus
Spaß macht!

Thomas, ich diskutiere doch immer und ausschliesslich nur so! *g*

Viele Grüße

Hi,

andersherum. Die Bewegungsgesetze der Natur wurden auf die
Bewegung/Entwicklung der Gesellschaft übertragen angewandt,

Da bist du leider falsch informiert.

nein, du. Die Gesetze hatte schon Hegel für sich dargestellt, Marx hat sie gekippt --> entäußertes Bewusstsein.

  • die Widerspiegelungstheorie (halte ich für falsch, zumindest
    für problematisch, im Prinzip für vorkantisch metaphysisch)

nein, das ist Dialektik. Der Antagonismus zwischen Bewußtsein
und Selbstbewußtsein.

Das ist auch falsch.

Was? Bewußtsein hier als an ein höheres „Wesen“, ein übergweordnetes Sein entäußertes Bewußtsein des Idealismus vs. Selbstbewußtsein durch Widerspiegelung der objektiven Realität, Selbstreflexion.

  • die Materialitätsbehauptung für alles Sein (halte ich auch
    für falsch bzw. für ebenso problematisch)

Was soll es sonst „sein“?

Nur daraus, dass du keine Alternative für denkbar hältst,
folgt nicht, dass es keine Alternative gibt. Das zu erklären,
wäre hier zu kompliziert, insbesondere weil du nicht bereit
bist, die einfachsten Sätze zu prüfen, sondern sie sofort
verwirfst. Aber einen Hinweis kann ich schon geben: Der
Begriff „Sein“ ist mehrdeutig. Allenfalls könnte man sagen die
Materialitätsbehauptung gilt für das materielle Sein, aber das
wäre eben eine analytische Aussage.

Das Dasein, ja. Das absolute Sein, eine einfache Tautologie in sich als Gegensatz zum absoluten Nichts. Hier ist im Idealismus der Widerspruch auseinandergezogen, daher entäußertes Bewußtsein.

  • die These, dass erkennen immer in Gesamtzusammenhängen vor
    sich geht bzw. gehen muss (ist auch ganz sicher falsch)

ist von Hegel

Ja, aber deswegen muss es nicht richtig sein.

Bei Hegel nicht, richtig.

Nein, Original Marx: „Die Bewegung ist die Daseinsweise der
Materie. Nie und nirgends hat es Materie ohne Bewegung gegeben
oder kann es sie geben.“ aus dem Antidühring, Apriorismus (mit
Marx erstellt)

Abgesehen davon, dass der Anti-Dühring von Engels stammt (und
eben nicht von Marx!; ich weiß gar nicht, wie oft ich das
wiederholen soll), ist der zweite Satz ja durchaus richtig,
der erste aber ist missverständlich, eben weil der
Seinsbegriff hier ontologisch (und damit eigentlich
metaphysisch!) verwendet wird.

…in Abstimmung mit Marx.
Der erste hat mit Ontologie, objektiver Metaphysik, rein garnichts zu tun. Ich klopf dir langsam auf die Finger - du interpretierst hier d/hM aus idealistischer Sicht! Das, was ich dir die ganze Zeit vorwerfe.

das Gesetz des Umschlagens von Quantität in Qualität und
umgekehrt;
das Gesetz von der Durchdringung der Gegensätze;
das Gesetz von der Negation der Negation.

Aber nicht alle drei Gesetze sind schon bei Marx da. Meiner
Erinnerung nach ist im hM nur das Umschlagegesetz genannt.
Aber das habe ich jetzt nicht ganz präsent.

Nein, die gabs schon bei Hegel. Marx war Junghegelianer.

Aber es sind Bewegegungsgesetze der Natur, angewandt auch auf
doie Gesellschaft, nicht umgekehrt.

s. o.

In den ersten Jahren hatte Marx nur an Hegel herumgefummelt.
Dieses kann man auch aus idealistischer Sicht lesen, ist kein
reiner „nur“ Diamat.
Aber bereits das Manifest solltest du unter Anwendung obiger
Gesetze lesen. Es ist allgemeingültig.

Wie schön, wenn man eine Religion hat (insbesondere auch wenn
sie „Engels“ heißt)!

So ein Schwachsinn wieder. Ich rede hier nicht von Ideologie, sondern den Bewegungsabläufen!! Zeige mir einen einzigen Satz, der dem nicht mehr entspricht. Nur die Begriffe haben sich etwas geändert (die Philosophen wieder).

PS: Diamet ist auch weiter zu entwickeln! Marx ist mit den
Naturwissenschaften nie fertig geworden.

Nur zu, allerdings würde ich vorher an deiner Stelle die
eigene Ahistorizität überprüfen, weil du nämlich ziemlich
dogmatisch die Engelslinie (verfälscht natürlich) vertrittst,
ohne über die historische Entwicklung bescheid zu wissen. Das
ist ziemlich deutlich.

Es bringt absolut nix, sich mit dir darüber zu unterhalten. Jedesmal versuchst du mir mit deinem Dickkopf zu erklären, dass ich ihn aus kantscher Sicht interpretieren soll - Schwachsinn hoch neun, sorry. Ein bei dir immer wiederkehrender Anachronismus. Und du unterlässt es nicht, es anderen immer wieder völlig falsch darstellen zu wollen.
Kern der Sache ist der Zeitbegriff und die darin verwendete Logik anhand Antagonismen. Wenn das bei dir sitzt, gern mehr.
Literatur: Otto Bauer, Trotzki, Lenins Materiebegriff.

Gruß
Frank

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Skeptizismus im 19. Jh. und anderes
Hallo Peet,

Wir sollten unserem Publikum nicht vorenthalten, daß weder M.
noch E. von dem hist./dialekt. Materialismus sprachen, für sie
war es materialistische Dialektik, was sie beschäftigte. Du
erlaubst antiken Autoren, kein System ausgearbeitet zu haben.
Ich erlaube es auch den Dioskuren des 19. Jhs.

darüber müsste man einzeln sprechen, denke ich. Generell habe ich keine Probleme damit, Marx von dem System freizumachen, bin aber nicht wirklich davon überzeugt, dass er das nicht gewollt hat. Ich bin also schon der Überzeugung, dass er das System wollte. Bei Engels denke ich, dass die Sache klar ist, nämlich dass er das System forciert hat, spätestens mit „Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft“ von 1880 (der Anti-Dühring ist - wie ich schon sagte - [nicht nur] aus meiner Sicht ein Pamphlet).

z.B.: http://www.agmarxismus.net/vergrnr/m14_3.htm
(Der Text von K.Grabke, empfehlenswert!)

Oh, das muss ich gleich noch lesen, sorry.

Das freut mich, ich hatte schon Angst, es gäbe richtige und
falsche Philosophien.

Wir sind uns da sicher einig, es gibt nur richtige und falsche Ansätze, deren Richtigkeit bzw, Falschheit man immer diskutieren kann.

z.B.: http://www.ml-werke.de/andere/kpdv06.htm

Oh, auch das habe ich eben nicht gesehen und schau es mir gleich an.

Ich behaupte, daß es komplizierter ist. Mehr noch, daß wir -
in diesem Brett, auch mit Kindern und Pubertierenden immer
noch, - nicht in Begriffen wir richtig und falsch über
Philosophien, geschweige denn Materialismus und Idealismus
reden sollten.

Dass es komplizierter ist, gebe ich gerne zu. Dass wir nicht mit den Begriffen „richtig“ und „falsch“ arbeiten sollten, finde ich übertrieben. Streng genommen müsste man natürlich immer „IMHO“ dazuschreiben, aber das versteht sich eigentlich von selbst, denke ich.

(wobei du vielleicht weißt, dass ich sogar auf
die Hegellektüre Lenins vor einigen Wochen positiv hingewiesen
habe).
Für einen Link wäre ich dankbar :smile:

Der Hinweis ist - wie ich jetzt sehe - doch nicht so positiv formuliert, wie ich es in Erinnerung hatte, aber immerhin als Empfehlung, und so war der Hinweis auch gemeint. Sehr interessant fand ich die Kritik Lenins am Aristoteleskapitel bei Hegel, wo er darauf hinweist, dass Hegel da einiges unterschlägt. Hier der Link:
http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…

Da bin ich endlich mit dir einverstanden :smile:

Das ist doch ein Fortschritt. :smile:

Ist der Agnostizismus eine richtige Philosophie?

Die einzelnen Links werde ich mir gleich erst ansehen. Zuvor
meine eigene Stellungnahme: Der Agnostizismus ist
falsch, wenn er absolut gesehen wird, aber als vorläufige
Methode ist er unverzichtbar.

Autsch. In diese Richtung kann ich nicht mitgehen.

Vermutlich, weil es bei dem Begriff „Agnostizismus“ ähnlich ist wie mit den Begriffen „Idealismus“ und „Materialismus“: Man muss immer dazu sagen, was man darunter versteht. Das ist eben das Problem bei solchen Etikettierungen.

Kennst du Skeptiker im 19.Jht? Ein Beispiel? Ich habe keins
parat.

Spontan fällt mir Gottlob Ernst Schulze („Aenesidemus-Schulze“, 1761-1833) ein, der Lehrer Schopenhauers, aber die hauptsächlich skeptische Schrift von ihm erschien schon 1792. Auch denke ich an gewisse psychologistische Richtungen (z. B. Friedrich Eduard Beneke, 1798-1854) und andere Induktivisten. Wenn ich nachdenke, fallen mir sicher noch ein paar mehr ein.

Heute bin ich selbst, wie du schon weißt, ein glühender
Bewunderer der Methode von Odo Marquard. Bei Engels allerdings
fühle ich mich deshalb immer noch sehr gut aufgehoben, da ich
seine Ironie immer gerne als Skepsis (miß)verstehen darf :smile:

Nun müsste man den Stil von Engels auseinandernehmen, aber das würde wohl zu weit führen. Die Ironie von Engels ist in meiner Hinsicht selten treffend, gelegentlich natürlich schon, das will ich gerne zugeben, kann mich aber im Moment an kein positives Beispiel erinnern.

Ich bin nur durch öfteren Gebrauch des Wortes „falsch“ in
deinem oben zitierten Text überhaupt zur Idee gekommen, etwas
zu posten. Warum ist eine Philosophie falsch, wenn du mit ihr
nicht einverstanden bist?

Wie oben schon gesagt ist das, was man postet, naturgemäß die eigene Meinung. Eine Philosophie ist nicht an sich falsch, wenn ich mit ihr nicht einverstanden bin und auch nicht, weil ich mit ihr nicht einverstanden bin, sondern sie ist falsch, wenn sie wichtige Einwände einfach unterschlägt und sich auf vermeintliche Selbstverständlichkeiten beruft bzw. wenn sie sich auf historisch oder systematisch nachweisbar falsche Fakten bzw. Interpretationen stützt. In diesem Fall kann das Ergebnis noch so gut sein (ist es in dem von mir hier angegriffenen Fall der Philosophie Franks nicht, aber das ist für den Zusammenhang hier unwesentlich), es folgt eben nicht aus den richtigen Gründen und ist damit ein unbegründetes Ergebnis (und damit hinfällig).

[Im Falle Lenins ist den zu Lebzeiten unveröffentlichten Schriften anscheinend wesentlich mehr Philosophisches zu entnehmen als den veröffentlichten. „Materialismus und Empiriokritizismus“ sehe ich nach wie vor als Pamphlet in der (IMHO :smile: schlechten) Tradition des Anti-Dühring.]

Ist denn Kant kein Idealist?

Kant hat bekanntlich noch 1998 seine ablehnende Haltung gegenüber dem Fichteschen Idealismus öffentlich kundgetan (muss auch online zu finden sein, kann ich im Moment aber nicht finden). Aber es kommt natürlich immer darauf an, was man unter „Idealismus“ versteht. In der „Widerlegung des Idealismus“ (die unter diesem Kapiteltitel auch im Gutenbergprojekt zu finden ist) tritt Kant explizit gegen die Annahme auf, die Gegenstände der Außenwelt seien zweifelhaft oder unbeweisbar
http://gutenberg.spiegel.de/kant/krvb/krvb059.htm . Die Argumentation ist natürlich diskutierbar, aber jedenfalls steht damit fest, dass Kant das, was man normalerweise „Idealismus“ nennt, nicht vertreten hat. Der Begriff ist bei h-und-d-Materialisten in der Regel aber noch weiter gefasst und ist (leider) zu einem Kampfbegriff geworden, der selbst die schwächeren Varianten nicht mehr zulässt, ähnlich wie der Begriff „bürgerlich“, der dadurch ebenso bedeutungsarm geworden ist, weil er nicht mehr spezifisch angewendet werden kann.

Die Links lese ich mir jetzt noch durch, schreibe aber nur noch etwas dazu, wenn es etwas Wichtiges dazu zusätzlich zu sagen gibt, ok?

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Hallo Peet,

Im dialektischen Materialismus wird die Marxsche Grundidee des
historischen Materialismus (Geschichtstheorie,
Gesellschaftstheorie) auf die Natur übertagen.

„kopfschüttel“

Meinst du das methodisch oder historisch? Im Sinne, zuerst
wurde der hist.Materialismus „erfunden“, dann daraus der
dialekt. abgeleitet? Oder ist es (deine) Erklärung für
Zusammenhänge zwischen den beiden?

nochmal: hist. Mat. im Sinne der Entwicklung dial. Zusammenhänge entlang der historischen Zeitachse.
Diamat: derzeitige dialektische Zusammenhänge.

sowohl als auch. Der dialekt. Materialismus ist zwar in
Ansätzen bei Marx vorhanden bzw. man kann das so
interpretieren, aber die Ausarbeitung stammt von Engels.

da kann ich dir endlich mal fast zustimmen :smile:
Auch wenn er ihn nicht ausgearbeitet hat, hat er ihn konsequent angewandt.
Vieleicht noch ein kurzer Auszug mit fetten Hervorhebungen:
"Es ist nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein, sondern ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewußtsein bestimmt." Der Satz ist so einfach, daß er für jeden sich von selbst verstehen müßte, der nicht in idealistischem Schwindel festgerannt ist. Aber die Sache hat nicht nur für die Theorie, sondern auch für die Praxis höchst revolutionäre Konsequenzen: „Auf einer gewissen Stufe ihrer Entwicklung geraten die materiellen Produktivkräfte der Gesellschaft in Widerspruch mit den vorhandenen Produktionsverhältnissen oder, was nur ein juristischer Ausdruck dafür ist, mit den Eigentumsverhältnissen, innerhalb deren sie sich bisher bewegt hatten. Aus Entwicklungsformen dieser Produktivkräfte schlagen diese Verhältnisse in Fesseln derselben um. Es tritt dann eine Epoche sozialer Revolutionen ein. Mit der Veränderung der ökonomischen Grundlage wälzt sich der ganze ungeheure Überbau langsamer oder rascher um … Die bürgerlichen Produktionsverhältnisse sind die letzte antagonistische Form des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, antagonistisch nicht im Sinn von individuellem Antagonismus, sondern eines aus den gesellschaftlichen Lebensbedingungen der Individuen hervorwachsenden Antagonismus, aber die im Schoß der bürgerlichen Gesellschaft sich entwickelnden Produktivkräfte schaffen zugleich die materiellen Bedingungen zur Lösung dieses Antagonismus.“ Die Perspektive auf eine gewaltige, auf die gewaltigste Revolution aller Zeiten eröffnet sich uns also sofort bei weiterem Verfolgen unserer materialistischen These und bei ihrer Anwendung auf die Gegenwart."
Quelle: http://www.mlwerke.de/me/me13/me13_468.htm

Die Antagonismen lösen sich auf, durch Anwendung auf die Gegenwart!
Siehe meinen Determinismus und Zeitbegriff :smile:

Gruß
Frank

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Hallo Frank,

jetzt möchte ich am Beispiel wirklich mal wissen, was du unter
echtem Diamat verstehst?

das ist nicht kurz zu erklären, sondern müsste weiter
ausgeführt werden. Gerade in der hier im Forum leider
notwendigen Kürze liegt die Gefahr.

Im dialektischen Materialismus wird die Marxsche Grundidee des
historischen Materialismus (Geschichtstheorie,
Gesellschaftstheorie) auf die Natur übertagen.

„Alle drei sind von
Hegel in seiner idealistischen Weise als bloße Denkgesetze entwickelt: das erste im ersten Teil der »Logik«, in der Lehre vom Sein; das zweite füllt den ganzen zweiten und weitaus bedeutendsten Teil seiner »Logik« aus, die Lehre vom Wesen; das dritte endlich figuriert als Grundgesetz für den Aufbau des ganzen Systems. Der Fehler liegt darin, daß diese Gesetze als Denkgesetze der Natur und Geschichte aufoktroyiert, nicht aus ihnen abgeleitet werden. Daraus entsteht dann die ganze gezwungene und oft haarsträubende Konstruktion: Die Welt, sie mag wollen oder nicht, soll sich nach einem Gedankensystem einrichten, das selbst wieder nur das Produkt einer bestimmten Entwicklungsstufe des menschlichen Denkens ist. Kehren wir die Sache um, so wird alles einfach und die in der idealistischen Philosophie äußerst geheimnisvoll aussehenden dialektischen Gesetze werden sofort einfach und sonnenklar.“
http://www.mlwerke.de/me/me20/me20_348.htm

Mal ehrlich: warum behauptest du immer das Gegenteil von dem, was wahr ist?

fragt:
Frank

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logische und zeitliche Folge
Lieber Frank,

wenn du nachdenken und nicht nur nachplappern würdest, käme dir vielleicht die Idee, warum Engels hier behauptet, dass der dialekt. Mat. primär ist, nämlich weil es seine Absicht ist, den dM als logische Untermauerung des hM darzustellen. Das ändert überhaupt nichts an der Tatsache, dass Marx den hM entwickelt und erst danach Engels den dM entwickelt hat. Ein bisschen mehr Denkschmalz erwarte ich schon.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Du widerholst dich bloß …
Hallo Frank,

ich habe dir schon mal gesagt, dass ich auf so einen Unsinn nicht antworte. Du hast nachgewiesen, dass du keine Ahnung von Kant und Hegel hast. Du hast nachgewiesen, dass du von Marx nur höchstens die Hälfte verstanden hast und auch das nur aus Engelscher Perspektive. Das reicht mir, um dich zurück auf die Schulbank zu schicken.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Grabke
Hallo Peet,

z.B.: http://www.agmarxismus.net/vergrnr/m14_3.htm
(Der Text von K.Grabke, empfehlenswert!)

es tut mir Leid, aber ich finde den Text nicht empfehlenswert. Die Gründe lege ich kurz dar, wenn du gestattest.

Der erste Teil „Marx, Engels u.d. NW“ bringt eigentlich nichts Neues, aber das kann man dem Buch ja nicht vorwerfen, weil es nur die Einleitung ist.

Bezüglich Teil 2 „Reason in Revolt“ ist zu sagen, dass man die Natur natürlich dialektisch (im hegelschen Sinn) auffassen kann, aber für die materialistische Dialektik müsste das erst bewiesen werden. Der Aufsatz behauptet zwar, dass das rez. Buch das macht, zeigt aber an keinem Beispiel, wie das vonstatten gehen soll, sondern schlägt eben die Töne an, die ein wissenschaftliches Werk eigentlich nicht anschlagen sollte.

Da ist z. B. davon die Rede, dass die Urknallhypothese erfunden wurde, um einen Gott zu rechtfertigen. Was für ein Unsinn! Die Urknallhypothese ist eine Hypothese, die sich aus physikalischen Abläufen ergibt, aber eben nur eine Hypothese. Da wird auf Theorien verwiesen, die Kriminalität genetisch ableiten wollen, ohne zu sagen, dass es auch genügend nicht-materialistische Gegner dieser These gibt. Es wird also schlicht vorausgesetzt, dass „Idealisten“ zwangsweise „Kapitalisten“ sind - oder eben arme verirrte Menschen, die das nicht unterscheiden können. Nein, so darf man nicht argumentieren. Das diskreditiert den Text doch schon fast als Ganzes.

Die zugrundeliegenden „entgegengesetzen Denkschulen“ werden im nächsten Abschnitt „Ideologiekritik und Wiss.“ nicht etwa hergeleitet, sondern schlicht behauptet (mit Textbelegen von Engels, die aber natürlich keine Beweise sind!). Der formalen Logik wird eine Verabsolutiertung des S.v.ausgeschl.Dritten unterstellte, die spätestens seit der Entdeckung der mehrwertigen Logik im 19. Jahrhundert die Logik nicht mehr treffen kann - mal abgesehen davon, dass sich die Logiker (na gut, vielleicht nicht alle, das mag sein) dessen natürlich immer bewusst waren, dass sie hier vereinfachen. Am Schluss werden dann gewisse Antizipationen so ziemlich aller bekannten naturwiss. Theorien dem Marxismus zugeschrieben - nicht sehr glaubwürdig, denn sonst hätte man ja vielleicht ein einziges Beispiel bringen können, aber vielleicht steht das ja im Originaltext.

Am Schluss wird alles als Siegeszug gefeiert und noch ein Seitenhieb auf die verschiedenen Praxisbegriffe der Gegner hinzugefügt, um jedem klar zu machen, dass nur der Mat. praktisch ist. Naja …

Also überzeugend finde ich das alles nicht.

Der zweite Link

z.B.: http://www.ml-werke.de/andere/kpdv06.htm

verweist auf die KPD-Verbote. Das habe ich noch nicht gelesen, weil ich vermute, dass das ein Irrtum ist, denn ich sehe keinen Zusammenhang. Du?

Entschuldige die Kürze. Meine Kinder müssen ins Bett.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Hallo Frank,

ich habe dir schon mal gesagt, dass ich auf so einen Unsinn
nicht antworte. Du hast nachgewiesen, dass du keine Ahnung von
Kant und Hegel hast. Du hast nachgewiesen, dass du von Marx
nur höchstens die Hälfte verstanden hast und auch das nur aus
Engelscher Perspektive. Das reicht mir, um dich zurück auf die
Schulbank zu schicken.

du warst es, der einen Prof. Gotthard Günter, dial. Idealist, als Unsinnerzähler hingestellt hat. nicht ich.
Kants Gedanken gehen nicht weit genug, er bleibt bei der Metaphysik stehen.

Gruß
Frank

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Lieber Frank,

wenn du nachdenken und nicht nur nachplappern würdest, käme
dir vielleicht die Idee, warum Engels hier behauptet, dass der
dialekt. Mat. primär ist, nämlich weil es seine Absicht ist,
den dM als logische Untermauerung des hM darzustellen. Das
ändert überhaupt nichts an der Tatsache, dass Marx den hM
entwickelt und erst danach Engels den dM entwickelt hat. Ein
bisschen mehr Denkschmalz erwarte ich schon.

Hä???
Hier hat, im Gegensatz zum Idealismus, keiner was „entwickelt“. Siehe elfte Feuerbachthese und denk bei der Gelegenheit an den.

Gruß
Frank

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Guten Abend Thomas!

Wir sollten unserem Publikum nicht vorenthalten, daß weder M.
noch E. von dem hist./dialekt. Materialismus sprachen, für sie
war es materialistische Dialektik, was sie beschäftigte.

Den Text von Grabke habe ich empfohlen, weil der Autor nebenbei kurz und bündig die Geschichte mit der materialistischen Dialektik erzählt hat.
Du hast dies Thema nicht mehr angesprochen, so gehe ich davon aus, daß wir dies geklärt haben.

Bei Engels denke ich, dass die Sache klar ist,
nämlich dass er das System forciert hat, spätestens mit „Die
Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft“
von 1880 (der Anti-Dühring ist - wie ich schon sagte - [nicht
nur] aus meiner Sicht ein Pamphlet).

Engels wollte es bis zum Systemstand komplettieren, ganz gewiß, hat ganz bestimmt nur ansatzweise gezeigt, wie die Methode arbeitet und u.a. mit seinem „Pamphlet“ so ziemlich viel erreicht. Das System hat er nicht geschafft, nicht weil es nicht möglich war, sondern weil er andere Prioritäten setzte. Ich lese im Moment Kautsky und ehrlich gesagt profitiere davon.

z.B.: http://www.agmarxismus.net/vergrnr/m14_3.htm
(Der Text von K.Grabke, empfehlenswert!)

Zu Grabke hast du (oben) geschrieben:

Es wird also schlicht vorausgesetzt,
dass „Idealisten“ zwangsweise „Kapitalisten“ sind - oder eben
arme verirrte Menschen, die das nicht unterscheiden können.
Nein, so darf man nicht argumentieren. Das diskreditiert den
Text doch schon fast als Ganzes.

Jetzt kannst du dir vorstellen, was arme verirrte Materialisten empfinden, wenn sie von dir erfahren, daß es alles falsch ist, was sie da philosophieren. So hat diese Empfehlung vielleicht auch noch mehr Nützliches in sich. :smile:

Das freut mich, ich hatte schon Angst, es gäbe richtige und
falsche Philosophien.

Wir sind uns da sicher einig, es gibt nur richtige und falsche
Ansätze, deren Richtigkeit bzw, Falschheit man immer
diskutieren kann.

Danke für die Korrektur. Weil wenn man eine Philosophie für falsch erklärt, dann muß man sie auch verbieten:

z.B.: http://www.ml-werke.de/andere/kpdv06.htm

Es wundert mich, daß du diese Logik nicht nachvollziehen kannst. :smile:

Ich behaupte, daß es komplizierter ist. Mehr noch, daß wir -
in diesem Brett, auch mit Kindern und Pubertierenden immer
noch, - nicht in Begriffen wir richtig und falsch über
Philosophien, geschweige denn Materialismus und Idealismus
reden sollten.

Dass es komplizierter ist, gebe ich gerne zu. Dass wir nicht
mit den Begriffen „richtig“ und „falsch“ arbeiten sollten,
finde ich übertrieben. Streng genommen müsste man natürlich
immer „IMHO“ dazuschreiben, aber das versteht sich eigentlich
von selbst, denke ich.

Es würde genügen, denke ich, wenn wir jeweils jeder von sich ausgehen würden und dabei dem anders denkenden einen freien Raum bzw. eine Fluchtmöglichkeit lassen würden. Zum Beispiel, wenn ein Lehrer oder ein Moderator und ein Betreiber einer Institution sagt, „Immanuel Kant was a real piss-ant
who was very rarely stable.“ (http://www.csulb.edu/colleges/cla/sociology/philosop…), dann glaubt ihm womöglich jeder, der nie von „Monty Pithon“ gehört hat. Wenn er dagegen sagen würde, er halte Kant für einen großen Denker und Engels für einen Pamphletisten, wäre es klar, das sei seine Meinung und nicht die letzte Wahrheit.

Außerdem reden wir - immer wieder, nicht wahr? :smile: - von den großen Menschen, die ihren Platz in der Geschichte schon gefunden haben, nicht von unseren Zeitgenossen, die wir noch eher abstempeln können, mit voller Wucht unserer Gift und Gicht und Galle.

Kannst du dir vorstellen, daß wir sagen würden, z.B. Brahms sei ein richtiger Komponist, Wagner sei aber falsch? Oder Verdi im Vergleich zu Wagner… Oder Schönberg zu Strawinsky etc.

(wobei du vielleicht weißt, dass ich sogar auf
die Hegellektüre Lenins vor einigen Wochen positiv hingewiesen
habe).
Für einen Link wäre ich dankbar :smile:

Der Hinweis ist - wie ich jetzt sehe - doch nicht so positiv
formuliert, wie ich es in Erinnerung hatte, aber immerhin als
Empfehlung, und so war der Hinweis auch gemeint. Sehr
interessant fand ich die Kritik Lenins am Aristoteleskapitel
bei Hegel, wo er darauf hinweist, dass Hegel da einiges
unterschlägt.

Das freut mich, der Text ist wirklich sehr animierend, die Lektüre macht auf vieles aufmerksam, was man sonst zu schnell überflogen hätte.

Ist der Agnostizismus eine richtige Philosophie?

Die einzelnen Links werde ich mir gleich erst ansehen. Zuvor
meine eigene Stellungnahme: Der Agnostizismus ist
falsch, wenn er absolut gesehen wird, aber als vorläufige
Methode ist er unverzichtbar.

Autsch. In diese Richtung kann ich nicht mitgehen.

Vermutlich, weil es bei dem Begriff „Agnostizismus“ ähnlich
ist wie mit den Begriffen „Idealismus“ und „Materialismus“:
Man muss immer dazu sagen, was man darunter versteht. Das ist
eben das Problem bei solchen Etikettierungen.

Mit meinem ersten Link (im ersten Posting) habe ich meine Vorstellung vom Agnostizismus vermittelt. Es gibt andere, die ich nicht teile.

Kennst du Skeptiker im 19.Jht? Ein Beispiel? Ich habe keins
parat.

Spontan fällt mir Gottlob Ernst Schulze
(„Aenesidemus-Schulze“, 1761-1833) ein, der Lehrer
Schopenhauers, aber die hauptsächlich skeptische Schrift von
ihm erschien schon 1792. Auch denke ich an gewisse
psychologistische Richtungen (z. B. Friedrich Eduard Beneke,
1798-1854) und andere Induktivisten. Wenn ich nachdenke,
fallen mir sicher noch ein paar mehr ein.

Das sind sehr große Philosophen, ich bin schwer beeindruckt :smile: Wäre es nicht besser, wenn wir nachdenken würden, warum der Skeptizismus im 19. Jht. mindestens im Hintergrund war?

Ist denn Kant kein Idealist?

Kant hat bekanntlich noch 1998 seine ablehnende Haltung
gegenüber dem Fichteschen Idealismus öffentlich kundgetan
(muss auch online zu finden sein, kann ich im Moment aber
nicht finden). Aber es kommt natürlich immer darauf an, was
man unter „Idealismus“ versteht. In der „Widerlegung des
Idealismus“ (die unter diesem Kapiteltitel auch im
Gutenbergprojekt zu finden ist) tritt Kant explizit gegen die
Annahme auf, die Gegenstände der Außenwelt seien zweifelhaft
oder unbeweisbar
http://gutenberg.spiegel.de/kant/krvb/krvb059.htm . Die
Argumentation ist natürlich diskutierbar, aber jedenfalls
steht damit fest, dass Kant das, was man normalerweise
„Idealismus“ nennt, nicht vertreten hat. Der Begriff ist bei
h-und-d-Materialisten in der Regel aber noch weiter gefasst
und ist (leider) zu einem Kampfbegriff geworden, der selbst
die schwächeren Varianten nicht mehr zulässt, ähnlich wie der
Begriff „bürgerlich“, der dadurch ebenso bedeutungsarm
geworden ist, weil er nicht mehr spezifisch angewendet werden
kann.

Das ist es, was ich meine. Es gibt eine Schule, die sagt, Kant wäre kein Idealist. Und es gibt eine andere Schule, die sagt, Kant ist der Idealist. Wir müssen hier nicht abstimmen. Es genügt festzustellen, daß wir beide von der Relation zwischen den beiden Schulen wissen.

Viele Grüße

Argumente
Hallo Peet,

ich finde deine Antwort gut, möchte aber gerne doch einige Anmerkungen machen.

Jetzt kannst du dir vorstellen, was arme verirrte
Materialisten empfinden, wenn sie von dir erfahren, daß es
alles falsch ist, was sie da philosophieren. So hat diese
Empfehlung vielleicht auch noch mehr Nützliches in sich. :smile:

nein, das möchte ich gerne zurückweisen, weil ich meine, dass ich immer darauf achte, die Argumente im Blick zu haben. Franks „Argumente“ kann auch ein Materialist nicht eigentlich ernst nehmen, meine ich.

Danke für die Korrektur. Weil wenn man eine Philosophie für
falsch erklärt, dann muß man sie auch verbieten:

Naja, das sehe ich etwas anders, weil Verbote ja das Gegenteil von Einsicht bewirken können.

z.B.: http://www.ml-werke.de/andere/kpdv06.htm

Es wundert mich, daß du diese Logik nicht nachvollziehen
kannst. :smile:

Achso, wenn du jetzt der Meinung bist, ich wäre für das Verbot gewesen (wenn ich damals schon gelebt hätte), dann irrst du dich. Politik muss mit Vielem leben, mit der Dummheit der Wähler, mit Demographen, mit historischen Zufällen - warum nicht auch mit den Gegnern der Demokratie? Im Grunde genommen ist der Kommunismus von der Idee her ja auch demokratisch angelegt. Das ändert aber nichts daran, dass die theoretische Basis aus meiner Sicht fehlerhaft ist. Solange man sinnvoll diskutieren kann, muss es darum gehen, das Gegenüber (nicht immer den Gegner!) zu überzeugen.

Wenn er dagegen sagen würde, er halte Kant für
einen großen Denker und Engels für einen Pamphletisten, wäre
es klar, das sei seine Meinung und nicht die letzte Wahrheit.

Nein, ohne Begründung ist beides nichts wert. Man muss auch zeigen, wo Kant wichtige Gedanken formuliert hat, ebenso wie man zeigen können muss, dass Engels in einer bestimmten Schrift pamphletisiert. Es gibt auch von Kant richtig grausame Schriften, die Anthropologie etwa, die mehr Unsinn enthält als Wahrheiten. Aber diese Schrift wird eben nicht so im Zentrum des Interesses stehen, weil sie nicht so bedeutend ist. Der Anti-Dühring hingegen wird immer als das große Werk von Engels dargestellt - und das ist es eben (IMHO) nachweisbar nicht, weil es große argumentative Schwächen aufweist.

Außerdem reden wir - immer wieder, nicht wahr? :smile: - von den
großen Menschen, die ihren Platz in der Geschichte schon
gefunden haben, nicht von unseren Zeitgenossen, die wir noch
eher abstempeln können, mit voller Wucht unserer Gift und
Gicht und Galle.

Das verstehe ich nicht. Natürlich sind die Theoriegründer auch für die Analyse der Argumente heranzuziehen. Ich kann doch nicht einfach sagen, Kant (oder Engels oder Hitler oder Aristoteles) habe seinen Platz in der Geschichte gefunden. Wirksamkeit allein ist kein Gütesiegel. Man muss schon die Argumente prüfen, denke ich.

Kannst du dir vorstellen, daß wir sagen würden, z.B. Brahms
sei ein richtiger Komponist, Wagner sei aber falsch? Oder
Verdi im Vergleich zu Wagner… Oder Schönberg zu Strawinsky
etc.

Auch der Vergleich hinkt. Ein Philosoph ist jemand, der versucht, seine Gedanken zu begründen, ohne zu polemisieren. Wo diese Polemisierung Überhand nimmt, ist es angebracht, an der Bezeichnung „Philosoph“ zu zweifeln. Das gilt für Engels genauso wie etwa für Nietzsche. Philosoph ist nicht der, der irgendetwas sagt, sondern jemand, der es argumentativ tut. Ausnahmen würde ich zulassen für die Antike (Heraklit und Demokrit z. B., Marc Aurel wäre ein Grenzfall), wo der Begriff des Arguments noch nicht so einheitlich zentral ist. Die Argumentativität des „Anti-Dühring“ und in „Materialismus und Empiriokritizismus“ ist äußerst dürftig.

Das sind sehr große Philosophen, ich bin schwer beeindruckt

-) Wäre es nicht besser, wenn wir nachdenken würden, warum

der Skeptizismus im 19. Jht. mindestens im Hintergrund war?

Ich habe nicht behauptet, dass es große Philosophen sind, weil ich mich auch nicht daran orientiere, ob jemand „groß“ ist, sondern ob seine Argumente mich überzeugen. Dass der Skeptizismus im 19. Jh. nicht so bedeutend war, hat doch ganz klar seinen Grund in den Erfolgen der Naturwissenschaft. Als aber im 20. Jh. diese Erfolge infrage gestellt wurden, erstarkte der Skeptizismus wieder. Wo ist das Problem?

Das ist es, was ich meine. Es gibt eine Schule, die sagt, Kant
wäre kein Idealist. Und es gibt eine andere Schule, die sagt,
Kant ist der Idealist. Wir müssen hier nicht abstimmen.
Es genügt festzustellen, daß wir beide von der Relation
zwischen den beiden Schulen wissen.

Nein, das kann ich so nicht stehenlassen, denn erstens hat Prauss keine Schule gebildet, sondern es ist einfach die Überzeugungskraft seiner Argumente, die mich für diese These eintreten lässt (falls du das Buch je lesen solltest, wird es auch dir schwerfallen, die Argumente zu widerlegen, denke ich). Aber du übergehst für mich überraschend die eindeutige Aussage von Kant selbst. Was kann denn da noch zweifelhaft sein?

Entschuldige bitte, dass ich wieder nur den Dissenz betont habe, aber Honig um den Bart schmieren, ist manchmal labend, aber führt nicht wirklich weiter. :smile:

Herzliche Grüße

Thomas Miller

*kopfschüttel*
Hi Leuts…
wenn ich mir diesen Thread mal anseh, dann kommt mir Folgendes
wieder in den Sinn:
„Den Mensch in seinem Wahn hält weder Gott noch Esel an.“
*wink* *duck-und-wech-flitz*
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Hi Leuts…
wenn ich mir diesen Thread mal anseh, dann kommt mir Folgendes
wieder in den Sinn:
„Den Mensch in seinem Wahn hält weder Gott noch Esel an.“

Gott gibts nicht, Urknall auch nicht. Es sind die zwei Seiten ein- und derselben Medaille. DAS muß verstanden werden.

Gruß
Frank
PS: war das hilfreich? :smile: