Hallo Voltaire,
ich kürze mal wieder ältere Teile raus, die können ja bei Bedarf oben nachgelesen werden.
Vielleicht ist das eher ein Kommunikationsfehler meinerseits.
Krieg
setzt eine Planung voraus, es werden Strategien eingeschätzt
und
es ist in der Regel ein materieller Anreiz vorhanden. In der
bewussten
Ausführung des Vorhabens sehe ich einen der bedeutenden
Unterschiede.
Ich maße mir an, zu behaupten, dass Ameisen über ihr Tun nicht
reflektieren.
Auch wenn das jetzt ein letzte Anmerkung sein sollte, muss ich drauf eingehen. Krieg hat erst einmal wenig mit Planung, Inteeligenz oder gar Reflektieren zu tun. Zunächst einmal ist es eine gewaltsame Auseinandersetzung von Gruppen. Der Ganze Rest, Strategie, Planung, die ganzen Spezialitäten menschlichen Denkens sind lediglich Waffen. Ich glaube (kann es also nicht beweisen), dass eine Grundbedingung für den Ausbruch eines Krieges ist, das wenigstens eine Seite jegeliches objektive Denken über Bord geworfen hat. Meistens als Folge einer um sich greifenden Ideologie (was auch Religionen mit einschließt).
Insofern ist meine Definition von Krieg deutlich niedriger aufgehängt. Die Ameise geht einfach los und tötet Artgenossen, der Mensch braucht dazu mindestens ein Gewehr, Munition, die Stützpunktkompanie, Luftaufklärung, aber dann geht er auch los und tötet Artgenossen. Auf philosophischer Sicht sehe ich das Problem weniger darin, dass die Ameise nicht begreift, was sie da tut, sondern mehr, dass der Mensch es in dieser Situation ebensowenig tut. Oder es tut und glaubt, er müsste es aus diesen und jenen Gründen tun.
Sie begreifen nicht, was sie da tun. Sie haben auch keinerlei
Chance, anders zu
handeln. Daher können Sie per se nicht „zum Frieden finden“.
Sie können nicht zwischen
Krieg und Frieden unterscheiden. Sie befolgen das
naturgegebene Programm
und kennen keine Ethik, keine Moral und kein Mitleid.
Wir schon.
Es mag Parallelen geben zwischen dem aggressiven Tun der
Ameisen und
dem aggressiven Tun der Menschen, da stimme ich dir zu.
Generell ist es natürlich so,
dass die eigenen Artgenossen von Geburt an erst einmal die
größten
Konkurrenten sind. Sie essen und trinken dasselbe wie wir, sie
beanspruchen
den gleichen Wohnraum wie wir und sie haben die gleichen
Sexualpartner
wie wir. Kann es ein größeres Konfliktpotenzial geben?
Aber der Konflikt spielt sich nur im Menschen ab, nicht im
Tier.
Eine Gleichsetzung im Sinne einer Übereinstimmung beider
Handlungen
Von Tier und Mensch im Kontext von „Was?“ und „Warum?“
vermag ich nicht zu erkennen.
Da gibt es ein weiteres Definitionsproblem. Wir Menschen haben ja auch ein paar Tierarten verschwinden lassen, weil sie uns gefährlich erschienen. Das nennen wir natürlich nicht „Krieg“ aber es gibt da ja auch Parallelen. Meiner Ansicht nach geht es also nicht unbedingt nur um die eigene Spezies, die muß nur herhalten, weil wir nicht in Kontakt mit einer anderen „intelligenten“ Spezies stehen. Und was „was“ und „warum“ angeht … das sind Fragen, die man im Frieden stellt. Im Krieg haben Dinge eine andere Eigendynamik. Es würde mich durchaus mal interessieren, was jemand dazu zu sagen hat, der den Krieg an der Heimatfront zugebracht hat.
iehen, ist das eine
… Europäische Diplomaten verhandeln nun im
achten Jahr mit dem Iran über das Atomprogramm. Sie müssen nur
noch etwa fünf bis sechs Jahre erfolglos weiter verhandeln und
ein Statt, der ganz offen die Unterstützung für Hisbollah und
andere Terrororganisationen in seinen Staatshaushalten
ausweist, hat die Technologie um Atomwaffen zu bauen. Ich weiß
nicht, wie es Dir geht, aber mir macht das Angst und es sät
Zweifel an der Wirksamkeit der Diplomatie in diesem Fall. Nur
welche Struktur soll sonst greifen?
Die Diplomatie hat manchmal nur Sinn, wenn eine massive
Drohung bei einem Scheitern eben dieser Diplomatie im Raum
steht.
Aber es zeigt sich ja wieder einmal, dass die Drohungen, egal ob implizit oder explizit, nicht ausreichen. Der Iran macht munter weiter. Eigentlich ist die Diplomatie schon gescheitert. Nur wenn das offen ausgesprochen wird, dann haben wir wieder mal einen Krieg. Oder wir haben keinen und warten ab, bis die Technologie in den richtig wilden Händen weit genug ist um eingesetzt zu werden. Deutschland kann ja sicher sein, nicht gerade Prioritätsziel für einen nuklearen Terroranschlag zu sein. Wenn, dann erwischt es zuerst New York, London, Tel Aviv oder Haifa. Dann haben unsere Diplomaten Gelegenheit, ihre tiefste Bestürzung auszudrücken.
Der Wunsch nach Frieden und diplomatischen Lösungen darf nicht zur Selbsttäuschung werden. Wenn das Gegenüber nur einfach aus den Strukturen ausbricht, muss man manchmal zuschlagen. In letzter Konsequenz muss man irgendwann mal Stellung beziehen weil die Dinge sonst noch mehr außer Kontrolle geraten. Das hat Großbritannien mit der Appeasement Politik gegenüber Hitler bewiesen. Denn nur dadurch fühlte der Herr sich so stark, dass er doch Polen überfiel. Saddams Besetzung Kuwaits war im Grunde ja auch nur ein ähnlicher Fall, denn die Welt hat ja auch einfach mal zugesehen als sich Iran und Irak um die Straße von Hormuz geprügelt haben. Solche Mechanismen lassen sich bis weit in die Vergangenheit immer wieder nachvollziehen (ich spre hier Details, wenn Du interessiert bist, kann ich die nachreichen).
Ich hoffe, ich habe dich richtig verstanden. Und mit dir
glaube ich,
dass uns dieser Umstand noch einige Zeit begleiten wird. Ich
baue aber darauf, dass sich bestimmte Konstanten politischen
Handelns
durchsetzen, die auf Vermittlung, Verhandlung, Hilfestellung,
Vermeidung
solcher Situationen durch Präventivmaßnahmen und dergleichen
mehr
durchsetzen. Wie ich bereits einmal schrieb, eine großartige
Wahl haben
wir da gar nicht mehr.
Wie willst Du einen Ahamadinedschad, einen Kim Jong-Il, einen Robert Mugabe oder einen Pervez Musharraf davon überzeugen? Denn das sind die Kinder, die beim Spielen einfach den Tisch umkippen wenn ihnen die Regeln im Weg sind. Zwei der Herren haben bereits Atomwaffen, ein dritter arbeitet dran und nur ein einziger ist wirklich noch rein konventionell bewaffnet, was ihn aber nicht daran hindert mit Gewalt aufs eigene Volk loszugehen. Was uns wieder zu der Frage bringt, ob es eigentlich moralisch gerechtfertigt ist, den Herrn Mugabe einfach machen zu lassen um des lieben Friedens willen.
Irgendwann wird sonst eine konventionell siegende
Armee
das Verhängnis von Atomwaffen auf sich ziehen. Ich denke, als
Mensch mit militärischer Ausbildung weißt du das.
Natürlich, deswegen warnen ja Militärs eher als Politiker
davor, den Bogen zu überspannen, selbst wenn es konventionell
militärisch gut aussieht.
Überdenke die Möglichkeit einer politischen Fehleinschätzung.
Politische Fehleinschätzungen sind offensichtlich die Domäne von Politikern. Militärs machen keine politischen Fehleinschätzungen ganz einfach weil sie meistens über haupt keine politischen Einschätzungen machen. Sagen Dir eigentlich die Golda Meir Memoranden was? GM1 - GM6? Das war ja wohl ein Klassiker.
Krieg ging immer zu Lasten der Zivilbevölkerung.
Wieder so ein fundamentaler Satz. Genau so ist es. Haben wir
als
Demokraten, die sich ihrer Stimme Gehör verschaffen können,
nicht geradezu die Pflicht, dies stellvertretend auch für
Menschen
zu tun, die ihre Interessen auf Grund politischer Umstände
nicht
wahrnehmen können?
Ja, aber die Strukturen waren dagegen. Ich erinnere mich noch
daran, wie Gerhard Schröder nach China flog. Das Thema
Menschrechte war ja vorsichtshalber nicht auf der
Tagesordnung, man wollte ja seine Milliardenverträge für
Siemens mit nach Hause bringen. Wo war da die Demokratie? Oder
als damals die deutsche Industrie Geschäfte im Irak machte?
Oder in Libyen? Es waren doch gerade die westlichen
Demokratien, die da immer wieder das dicke Geld verdienten.
Ich denke, wir können den glücklosen Herrn Schröder getrost
zu den weniger mutigen Politikern zählen.
Die Liste der glücklosen Politiker erscheint mir endlos. Die Liste der weniger mutigen Politiker ebenfalls. Die „mutigen“ Politker waren immer wenige, aber genau die waren es immer, die uns Sorge bereiten sollten. Hitler war „mutig“, aber das verändert meine negative Sicht seines Handels eher nicht. Churchill war „mutig“. Der wird ja nur positiv beurteilt weil er den zweiten Weltkrieg gewonnen hat. Was sogar seine sonstigen Aktivitäten beispielsweise in Indien überstrahlt. „Mutig“ ist doch eine zu einfache Kategorie. Was wir brauchen ist „mutig+clever“ und die Liste ist ja nun wirklich nicht lang. Vor allem aber würde auch diese Liste in Konflikte führen, ganz einfach weil dann immer noch so und so viele da draußen auf Regierungssesseln sitzen, die eigentlich nicht akzeptabel sind (z.B. wegen Völkermord, wegen Mord an der eigenen Bevölkerung, wegen aktiver Terrorismusunterstützung). Die werden es sicher nicht freundlich vermekren, wenn man ihnen offen sagt, was sie sind. Das Ergebnis ist dann wiederum Konflikt.
Ich möchte dich nicht belehren, finde aber: Hier, Philosoph,
hätte dein
Denken seinen Anfang nehmen müssen.
Philosoph bedeutet „Freund der Weisheit“. Es bedeutet nicht,
„netter Mensch“, es bedeutet nicht „modisch dagegen“. Insofern
ist die Meinungsfreiheit auch für Philosophen ein Muss. Denn
Weisheit ist nicht unbedingt nett. Manchmal ist sie einfach
nur die Fähigkeit mit dem Herzen zu begreifen, was der Kopf
nicht wahr haben will. Das bedeutet nicht notwendigerweise,
dass das, was man begreift, einem gefallen muss. Aber auch dem
muss man sich stellen, denn das ist auch Weisheit. Man kann
nicht immer rennen.
Ich meinte damit nicht, dass Menschen vor lauter Höflichkeit
mit ihrer Meinung hinter den Berg halten sollten.
Ich möchte nur anregen, dass man gewisse Dinge, die ewig
Bestand zu haben schienen, auch auf dem Müllhaufen der
Geschichte
entsorgt hat oder zu entsorgen im Begriff ist.
Sklaverei und Leibeigenschaft, Folter und Todesstrafe haben
wir
überwunden oder wir sind im Begriff, dies zu tun.
Ich möchte diese Aufzählung gern den Begriff „Krieg“
hinzufügen.
Die Welt eines Philosophen, der immer im sicheren Nachkriegsdeutschland lebte mag sich sicher von der Welt eines Philosophen unterscheiden, der die Welt bereist hat. Ich gehe Deine Liste einfrach mal rückwärts entlang.
Todesstrafe: Die Todesstrafe ist in vielen Ländern immer noch üblich. Meines Erachtens sollte man aber dazu auch Gefängnisstrafen in Gefängnissen rechnen, in denen die Gefangenen sowieso nicht lange überleben, sei es durch Nahrungsmittelentzug oder durch Gewalt. Huerunter fallen also z.B. auch die Schwerverbrechergefängnisse in Russland. Deutschland selbst hat die Todesstrafe nicht „überwunden“, sie ist nach wie vor Teil der Gesetzgebung für Ausnahmezustand und V-Fall.
Folter: Auch Folter wird immer noch in vielen Ländern praktiziert. In Deutschland ist sie jedoch nicht mehr Bestandteil des Systems. Was unsere Dienste im Ausland wissen wir ja nicht.
Leibeigenschaft: Die wurde in vielen Ländern durch Pacht- und Verschuldungssysteme ersetzt die je nach Ausprägung eher der Leibeigenschaft oder ganz offen der Sklaverei ähneln.
Sklaverei: Menschenhandel ist eines der größten Probleme unserer Zeit und gleichzeitig ein Markt mit stärkerem Wachstum als sogar der Drogen- und der Waffenmarkt. Das Ganze nicht mehr „Sklaverei“ zu nennen hat eigentlich am Problem nichts verändert. Übrigens, um wenigstens die ersten Schritte gegen Skalverei weltweit durchzusetzen hat Großbritannien im frühen 19. Jahrhundert nicht nur einen Krieg in Kauf nehmen müssen.
Das Problem ist, dass wir hier von einer ganzen Welt reden, nicht nur von Deutschland. Es täte den Deutschen gut, zu begreifen, dass es auch eine Welt rund herum gibt, mit all den Problemen, die wir wenigstens scheinbar überwunden haben.
Vor allem aber hoffe ich, dass wir in einer Nachkriegszeit
leben und
nicht in einer Vorkriegszeit.
Meiner persönlichen Einschätzung nach wird es lange Zeit keinen Krieg in Europa geben. Irgendwann jedoch wird es auch dort mal wieder krachen. Weil es unvermeidlich ist. Dauert vielleicht noch hundert Jahre, aber es wird.
Gruß
Peter B.