Moin!
Im Fall von Geschwindigkeitsübertretungen ist es unrecht.
Manchmal, besonders in Deinem obigen Satz, kann das übertreten
von Gesetzen laut aktueller Gesetzeslage und Rechtsprechung
unrecht sein, trotzdem aber rechtmässiger im moralischen Sinne
als stumpfsinnig Gesetze zu befolgen.Ich hoffe dann, dass Du diese Moral jedem Menschen zusprichst
und somit auch die Entscheidung, welche Gesetze er befolgt und
welche nicht.
Natürlich hat jeder einzelne diese Möglichkeit.
Der eine wirft eine Blechdose in den Biomüll, der nächste fährt 40, wo 30 erlaubt ist und ein weiterer bezahlt eine Rechnung etwas zu spät.
All das ist Grundrauschen und wird kaum geahndet, obwohl es sich um Gesetzesübertretungen handelt. So ist eben das Leben, man kann nciht alle Regeln immer 100%ig beachten.
Böse Welt, böse Realität.
Ich hoffe weiter für Dich, dass Du dann nicht auf Menschen
triffst, die die Einhaltung genau der Gesetze für stumpfsinnig
halten, die Du wiederum für wichtig hältst.
Auf diese trifft man jeden Tag. Meistens einigt man sich außergerichtlich.
Nur mit Anwälten funktioniert das eigenartigerweise höchst selten…
Oder leuchtet hier veilleicht doch langsam ein, warum nicht
jeder individuell entscheiden kann, welche Gesetze einzuhalten
sind und welche nicht.
s.o.
Es kommt mitunter auch auf den moralischen Standpunkt an.
Wenn das so wäre, dann musst Du auch beantworten, WESSEN
moralischer Standpunkt. Deiner?
Auch.
Meiner?
Auch.
Der jedes einzelnen
Menschen.
Genau der.
Willst Du ernsthaft die individuelle Moral jedes Einzelnen
innerhalb einer Gesellschaft als Maßstab dafür nehmen, welche
Gesetze von wem einzuhalten sind und welche nicht.
Ja, denn so läuft es nunmal in der wirklichen Welt.
Man braucht Regeln, um das Zusammenleben für alle erträglich zu gestalten. Man braucht jedoch nicht die sture Einhaltung jedes Details.
Zumal die meisten Gesetzesübertretungen ohnehin im Konsens einer signifikanten Bevölkerungsgruppe erfolgen. Auf meinem Weg morgens ins Büro faren grob geschätzt 90% der Autofahrer nicht die erlaubten 50, sondern um die 60.
Wer korrekterweise 50 fährt, hält den ganzen Laden auf und verhindert die Nutzung der grünen Welle.
Wo ist also das Problem?
Oder muss es nicht vielleicht doch eine objektive rechtliche
Instanz geben, an die sich alle zu halten haben.
Natürlich muss es diese geben. Nur muss eben auch klar sein, dass nicht jedes Kinkerlitzchen verfolgt werden kann und die Realität eine Grauzone zwischen totaler Gesetzeskonformität und Anarchie bildet…
Würdest Du wirklich in einer Gesellschaft leben wollen, in der
jeder einzelne das bestehende Recht seiner seiner
individuellen Moral wertet und befolgt (oder eben nicht)?
Ja, unbedingt. Im Rahmen des Sinnvollen.
Auf keinen Fall möchte ich in einer totalitären Gesellschaft leben, in der jeder den halben Tag damit zubringt, die absolute Einhaltung aller Gesetze zu kultivieren, ohne über selbige nachzudenken. Wir haben die Nazis und die DDR überlebt und die Mehrheit hat sich dafür entschieden, einigermassen frei zu leben. Dies teilt auch das Gesetz, welches 10 Euro für eine normale Geschw.-Übertretung verlangt und der Bürger somit vernünftig leben kann.
Oder willst auch Du vielleicht nicht einfach nur ab und an
Gesetz übertreten, Dir dies aber nicht als Fehlverhalten
vorwerfen lassen.
Du verstehst es nicht: man übertritt manche Regeln bewusst, weil man weiß, es stört keinen und die Strafe ist gering. Der Vorwurf des Fehlverhaltens juckt mich dabei nicht.
Ich bezahle die Strafe, sofern die Regelung, welche ich übertreten habe, klar definiert und ersichtlich war, und fertig.
Nicht alles was in Gesetzbüchern steht ist damit auch
automatisch Recht.Doch. Alles was dort steht ist Recht.
Das stimmt natürlich.
Eichmann sah das auch so.
Die Reflektion über das, was geschrieben steht, ist wichtig.
Eine andere Frage ist, ob Recht immer auch Gerechtigtkeit ist.
Denn während Recht das ist, was positiv normiert ist, ist
Gerechtigkeit ein Begriff, den jeder anders definiert. Daher
versucht man, das Recht möglichst genau in der Schnittmenge
aller Gerechtigkeitsvorstellungen zu platzieren. Dass das
nicht 100%ig gelingen kann, ist offensichtlich. Dennoch müssen
sich alle daran halten, das ist der Kompromiss in der
Gesellschaft.
Klar. Das ist die Theorie und diese muss so sein.
Die Praxis hingegen sieht eben so aus, dass mich kein Stasi-Scherge jagen kann, weil ich verbotene Bücher lese. Er kann es nicht wissen.
Und dann kommen immer wieder Leute wie Du oder Mathias und
meinen, sie selbst müssten diesen Kompromiss nicht eingehen
und sich nicht an die Regeln halten und begründen das dann mit
irgendeiner Moral und einer angebliche „stumpfsinigen“
Gesetzesbefolgung, ohne sich über den Grund, warum Regeln
einzuhalten sind, sich nicht einmal ansatzweise auseinander
gesetzt zu haben.
Das ist eine interessante Unterstellung. Ich halte dagegen, dass gerade Leute wie wir, die es sich trauen, gewisse DInge zu hinterfragen, die eigentlichen Bewahrer von Demokratie und gesellschaftlicher Stabilität sind. Was passiert, wenn ein Volk größtenteils aus blinden Mitläufern besteht, haben wir bereits in der Vergangenheit gelernt.
Zudem gehe ich ja den Kompromiss ein, mich reell und möglichst unschädlich für mein Umfeld zu verhalten.
Weshalb ecke ich im Alltag kaum an, der 100%ig regelkonforme Oberspiesser jedoch andauernd? Man betrachte allein schon die „Strich-Fahrer“, die Nachbarschaftsterroristen, die Autobahnanzeiger, die Einkläger eines jeden ihrer vermeintlichen Rechte, u.s.w.
Der Schlüssel liegt im Zusammenleben durch Mitdenken.
Die Todesstrafe ist in einigen Ländern Recht. Trotzdem sind
viele unschuldige hingerichtet worden. Ist das also Recht, nur
weil es aufgrund der aktuellen Gesetzeslage geschah?Leider ein völlig unbrauchbares Beispiel, da Du Recht und
Beweis durcheinander bringst.
Das ist Kointhenka…erei.
Das Beispiel greift sehr wohl, wie ich meine.
Die Hinrichtung oder überhaupt Verurteilung eines Unschuldigen
ist immer Unrecht, man weiß es zu dem Zeitpunkt eben nicht.
Oft weiß man das recht genau, wenn man sich nur ein paar Gedanken über gewisse gesetzliche Regelungen machen würde…
Aber natürlich ist es einfacher, sich an die Paragraphen zu halten, anstatt sich gerade zu machen.
Diese Kultur ist in D leider immer noch weit verbreitet, wenngleich es glücklicherweise keine Todesstrafen mehr gibt.
War die Ermordung der Juden Recht, nur weil es zu der Zeit
laut Gesetz Recht war? Die Hexenverbrennung war auch Recht?
Die Sklaverei auch?Wie kann man nur die moralische Möglichkeit zur Überschreitung
von Geschwindigkeitsregelungen oder anderen Vorschriften
unserer Rechtsordnung mit diesen Vorkommnissen vergleichen.
Du forderst die bedingungslose Einhaltung des Gesetzestextes.
Nun drücke Dich mal nicht um eine Antwort.
Das ist einfach erbärmlich, sich solcher Vergleiche zu
bedienen. Der Unterschied zwischen diesem und unserem Recht
muss doch wohl nicht wirklich dargestellt werden…
Die Logik, dass man manchmal 60 anstatt 50 fährt, um die grüne Welle zu surfen, muss doch wohl nicht wirklich dargestellt werden…
Ich verstehe sehr gut was Du meinst, nur reiten unsere
Juristen hier scheinbar verblendet auf ihren Paragrafen.Ein schöner Stereotyp der immer gerne benutzt wird, wenn man
Gesetz nicht einhalten will. Nur hat er keinen Inhalt, der
hierzu etwas beitragen könnte.
Oh doch, das hat er. Den Inhalt der Realität des Normalbürgers.
Und diesen scheinst Du nicht verstehen zu wollen. Schlimm ist, dass Du es sicherlich könntest. Was für eine Verschwendung von Potential…
Was die Obrigkeit anordnet ist Recht, punkt. Und wehe es wagt
jemand dies in Frage zu stellen.Du scheinst die Diskussion nicht verfolgt oder Dich sonst mit
der politischen Landschaft Deutschlands nicht wirklich
beschäftigt zu haben, sonst würdest Du so einen Blödsinn nicht
sagen.
Das ist die Forderung, welche hier gestellt wurde.
Sie ergibt sich aus dieser und auch aus der letzten Diskussion.
Nun willst Du das nicht geschrieben haben??
Selbstverständlich darf und muss man jederzeit die Richtigkeit
von Gesetzen in Frage stellen.
Also doch…
Das sieht selbst der Staat und
hat durch die Verwaltungsgerichte und insb. das BVerfG eigens
Institutionen geschaffen, die sein geschaffenes Recht aufheben
oder zumindest einschränken können.
Wichtig ist, dass jeder Bürger dies tut. Staatliche Institutionen neigen per se zum Selbstschutz.
Jeder kann Normen in Frage stellen, daher gibt es bei uns
Meinungs- und Demonstrationsfreiheit, Presse, etc.
…wovon hier Gebrauch gemacht wird.
Aber es ist etwas völlig anderes, Gesetze selbst zu beurteilen
und für nicht einhaltenswert zu betrachten. Das hat mit obigem
nichts zu tun und stellt lediglich eine billige Rechtfertigung
dafür dar, sich nicht an Gesetze halten zu wollen.
Ich kann mich nicht erinnern behauptet zu haben, dass ich Gesetzesverstöße rechtfertigen möchte. Ich gebe offen zu, ab und an zu schnell zu fahren und mir dessen bewusst zu sein, dass das nicht regelkonform ist.
Dennoch erlaube ich mir, mich ab und an an Limits zu halten und sie dennoch zu hinterfragen.
Ich übertrete nicht jedes Gesetz, welches ich auch hinterfrage.
Unsere Justitiare hier verbeissen sich an
Geschwindigkeitsbegrenzungen.Das ist nur das Ausgangsthema. Es geht um eine ganz abstrakte
Frage.
So abstrakt denke ich nicht, dass die Frage ist.
Ein Blick über den Tellerrand hinaus wäre vielleicht nicht das
verkehrteste.Wie nett, wieder so ein auswendig gelernter Spruch…wer also
meint, Gesetz nicht einhalten zu müssen, weil er sie selbst
beurteilen kann, schaut über seinen Tellerrand.
Manche ja, manche nein.
Wer jedoch stur jedem Gesetz folgt, ohne es zu hinterfragen, wird irgendwann in seinem Teller ertrinken.
Billiger gehts nimmer oder?
Was ist daran billig?
Nochmal: Was Du und Mathias einfach übersehen wollen ist, dass
es einen Grund gibt, warum Normen, solange sie existieren
einzuhalten sind.
DAS ist billig.
Du sprichst hier nicht mit Outlaws.
Eine Gesellschaft funktioniert nun einmal nicht, wenn jeder
für sich selbst entscheiden kann, an welches Gesetz er sich
halten soll und an welches nicht.
Doch, wie Du siehst, funktioniert sie sogar recht gut.
Wichtig ist, dass der Rahmen des guten Geschmacks und der Menschenrechte nicht überschritten wird.
Die Gesellschaft geht jedoch nicht unter, wenn der Bürger (s.o., es handelt sich um eine Mehrheit) morgens nicht 50, sondern 60 fährt, um ins Büro zu kommen.
Und ich glaube, Du wärst der erste, der aufschreit, wenn Dein
Nachbar für Dich wichtige Gesetze nicht einhält (zB.
Lärmbeschränkung) und sowohl er als auch die Polizei als auch
das Gericht der Ansicht wären, das sind Vorschriften, die
müsste man nicht einhalte, das sei stumpfe Gesetzesbefolgung.
Und es gäbe 1000 weitere Beispiele.
Und in 999 davon wird schnell klar, dass man sich untereinander fair versucehen sollte, sich zu einigen. Das gilt für die Grillparty, fürs Rasenmähen, für die Mopedreparatur in der Einfahrt, für das Radfahren auf der Straße, für das Anheizen von Kaminen u.s.w.
Vernünftige Menschen einigen sich sinnvoll. Das Gesetz dient als grobe Anleitung oder letzte Konsequenz.
Daher, und das scheint für viele einfach zu schwierig sein zu
erkennen, ist jedes Rechtssystem automatisch ein Kompromiss.
Es ist offensichtlich, dass es auch schlechte Gesetze gibt und
solche, die von vielen nicht als richtig anderkannt werden
(weil sie eben eine andere Vorstellung von Recht haben). Aber
daraus kann eben nicht folgen, das jeder sein eigenes Recht
(durch Akzeptanz und Negierung von Normen) macht. Ist das
wirklich so schwer zu verstehen?
s.o.
Wenn man also der Ansicht ist, dass Normen solange sie
existieren, einzuhalten sind, ist das, was Du primitiv als
„Paragraphenreiterei“ bezeichnest, nichts anderes als die
Erkenntnis, dass nicht jeder sein eigenes Recht machen kann.
Wir interessieren uns nach wie vor für Deinen persönlichen Umgang mit dem Thema in Deinem Alltag.
Die Theorie ist voll akzeptiert. Wichtig ist nur zu erkennen, dass die Praxis manchmal ein wenig Flexibilität erfordert.
Der Unterschied zwischen Juristen und Menschen wie Dir liegt
vielleicht einfach daran, dass Du nur an Dich selbst denkst,
während Juristen sich darüber Gedanken machen und erkennen,
dass mit Einstellungen wie Deiner ein Staat nicht
funktionieren kann.
Interessant ist hier weiters, dass Du offenbar der Ansicht bist, nur oder vor allem Juristen wären dazu geeignet, einen Staat aufzubauen und zu lenken.
Dem halte ich entgegen, dass man sich nur den aktuellen Haushalt anzusehen braucht um zu sehen, dass Juristen und Lehrer nicht unbedingt die höchste Instanz der Weisheit darstellen müssen.
Ich wiederhole es noch einmal: Die Jurisprudenz ist keine herausragende Kaste, sondern Teil der Gesellschaft. Sie soll für das System arbeiten, nicht davon entkoppelt.
Grüße,
Mathias