Hai, Andrea,
soetwas nennt man Ghettobildung, sorry.
Wir haben hier auch soetwas und es existiert überall. Doch
warum?
Du hast Recht - Ghettos gibt’s nicht nur in Neukölln
Weil wir deutschen nicht in der Nachbarschaft von Ausländern
leben wollen… anscheinend.
Aber das stimmt, zumindest für unsere Ecke, so nicht - auch vor dem Bau dieses Blockes gab’s hier ja einen hohen Ausländeranteil und ich rede hier nicht von 10, 20 oder 30 Prozent.
Aber die alten, über Jahrzehnte gewachsenen, sozialen Strukturen konnten das auffangen. Bis man eben ein Loch in dieses Netz gerissen hat…
Ich höre oft naja damals als XY(Ausländer) hierherzogen war es
noch gar nicht schlimm aber kaum das noch weitere Familien
ausländischer Herkunft hinzuziehen wird beklagt das sich das
Niveau gesenkt hat. Dabei sind nur wenige weitere Familien
dazugekommen!!!
Die Probleme fingen nicht an, weil ein paar weitere Familien hierherzogen, sondern weil plötzlich hunderte neuer Familien - durch die Bank soziale Problemfälle - in diesen Block gesetzt wurden.
Und schon wird davon geredet das man woanders hinziehen will
der Lärm und die Eigenarten, der Geruch des Essens und die
sooooo schlecht erzogenen Kinder die vor dem Vorgarten lang
gehen sind ja soooo schlimm.
OK - so einen hatten wir hier im Haus auch. Zumindest kurzfristig. Der zog hier ein, versuchte kurz danach unsere Hausgemeinschaft gegen „unsere Türken“ aufzubringen (mit den üblichen blöden Sprüchen: Affenmusik, Knoblauchgestank, laute schlimme Kinder - es war immer zu komisch, wenn er z.B. bei mir klingelte, um sich über rücksichtsloseKanakenstinkenHausmitKnoblauchvoll zu beklagen und bemerken musste, daß der Duft aus meiner Küche kam *fg*). Nun wohnt er in einem „rein deutschen“ Haus und ich kann mir kaum die Schadenfreude verkneifen, da 10 der 12 Wohnungen von einem (ausgesprochen gutsituierten) Spätaussiedler-Clan besetzt sind, die zwar alle einen deutschen Paß in der Tasche haben, aber nur das alte Muttchen spricht Deutsch. Die Hälfte der Bewohner sind Jugendliche, die eigentlich gar nicht aus ihrer Heimat weg wollten und sich hier entsprechend benehmen - und ich hab wieder mal ein schönes Beispiel, daß auch Geld und ein deutscher Paß nicht davor schützen, zum sozialen Problemfall zu werden.
Geb den Beamten und gutbürgerlichen die Schuld und nicht den
Sozialbau. Denn die sind es gewesen die diesen Stadtteil
aufgegeben haben.
OK - stell Dir vor, Du wohnst hier schon seit Jahrzehnten, hast zwei Kinder in der Schule und in deren Klassen sind 30% Ausländer, aber es klappt. Deine Kinder treiben Dich zwar an den Rand des Wahnsinns, weil sie in vier verschiedenen Sprachen gleichzeitig palavern, aber genau wegen der kulturellen Vielfalt bist Du, so als idealistischer Lehrer, mal hergezogen.
Und eines schönen Tages werden die Klassen geteilt, um Platz für die neuen aus „dem Block“ zu schaffen und plötzlich sind in den einzelnen Klassen nicht mehr ein oder zwei echte Problemfälle, sondern 10 - 12.
Und Dein Jüngster hat plötzlich alle zwei Wochen ein neues Veilchen, der Ältere fragt dauernd nach mehr Taschengeld, von dem er sich aber keine Süßigkeiten kauft, sondern Schutz und Du merkst, daß der Stoff des letzten Schuljahres nur zu einem drittel durchgenommen wurde und die Ausbildung Deiner Kinder extrem unter der Situation leidet - dafür beginnen sie, sich den neuen Verhältnissen anzupassen…
Wie lange würdest Du zusehen? Wie lange würdest Du die Zukunft Deiner Kinder riskieren, nur um nicht in den Ruch der Ausländer-Feindlichkeit zu geraten?
Du kannst Dir ganz sicher sein, daß ich, sollte ich mal ein Kind in die Welt setzen, mit allen Mitteln dafür sorgen würde, daß dieses Kind nicht in eine der Schulen kommt, deren Einzugsgebiet „der Block“ ist - und wenn ich dafür umziehen müsste!
Hierbei
versucht man sich vom Rand des Ghettos nach innen zu arbeiten.
Hier hat man sozusagen in einen funktionierenden Bezirk einen Ghetto-Kern gepflanzt - man konnte und kann regelrecht zusehen, wie sich die Ghettoisierung von diesem Block aus ausbreitet…
Gruß
Sibylle