Welche klassischen Stilmittel gibt es?Und wie gebraucht man sie?

Klassische rhetorische Stilfiguren

Korrekturen und Ergänzungen sind jederzeit sehr willkommen!

Adynaton
Vergleich mit naturgesetzlich unmöglichen Dingen zur Verdeutlichung der Absurdität
„Jetzt schlägt’s dreizehn!“, „Das können wir immer noch machen, wenn die Welt untergeht.“

Allegorie
„Fortgesetzte Metapher“, d. h. meist implizite Beschreibung eines konkreten Objekts, Subjekts oder Zustands durch Darstellung eines fiktiven, ähnlichen Objekts, Subjekts oder Zustands
Fabeln, George Orwell: „Animal farm“, Bertolt Brecht: „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“

Alliteration (auch: Stabreim)
Häufung von Wörtern mit demselben Anfangsbuchstaben
„Milch macht müde Männer munter.“, „wer-weiss-was“

Allusion
Anspielung
„Kenner wissen, was ich meine.“

Anadiplose
Wiederholung einer Formulierung vom Versende am Anfang des nächsten Verses
„Mit dem Schiffe spielen Wind und Wellen, Wind und Wellen spielen nicht mit seinem Herzen.“ (Goethe)

Anakoluth
Bruch der Satzkonstruktion, wobei grammatikalische Ungereimtheiten in Kauf genommen werden
„Sie zweifelten an seinem Vorhaben – und dies auch offen aussprachen.“

Anapher
Wiederholung eines oder mehrerer Wörter am Anfang aufeinander folgender Sätze oder Verse
„Wer könnte das glauben! Wer könnte das verstehen! Wer könnte ihm glauben!“

Antithese
Darstellung eines semantischen Gegensatzes mit sprachlichen Mitteln
„Wo Kinder heute noch spielen, erbaut man morgen die neue Fabrik.“

Antonomasie
Ersetzung eines Eigennamens durch ein Wort, das als Attribut des Eigennamens stehen könnte bzw. Verwendung eines Eigennamens als Überbegriff
„der Dichterfürst“ (für: Goethe), „der Brioni-Kanzler“ (für: Gerhard Schröder), „Kassandra“ (für: „Mensch mit pessimistischer Grundhaltung“)

Aposiopese (auch: Anapodoton)
Abbruch eines Satzes vor dem erwarteten Ende, um dem Leser die Freiheit des Weiterdenkens zu überlassen
„Wenn ich ihn nur sehe, könnte ich ihm gerade …“

Apokoinoy
Bezug eines Attributs, das auf zwei Satzglieder zutrifft, auf nur eines der beiden
„Die vom Tyrannen unterdrückte Stadt [vom Tyrannen] befreien.“

Apostrophe
Akzentuierte Anreden an eine abwesende oder imaginäre Person bzw. an Gegenstände oder Abstrakta, was ein Abwenden vom anwesenden Publikum einschließt
„Satan, sprich, was ist Dein Begehr?“, „Mein kleines weißes Herz, verlass mich nicht.“

Archaismus
Verwendung veralteter Begriffe
„Mein Oheim konnte die hochlöbliche Proposition nicht goutieren.“

Asyndeton (auch: Brachylogia) ≠ Polysyndeton
Aneinanderreihung mehrerer gleichwertiger Begriffe ohne Konjunktion, was eine Steigerung der Dynamik einer Textstelle zur Folge hat
„Er rannte, raste, stolperte, flüchtete, strauchelte, nur um nicht mit ansehen zu müssen, wo …“

Bathos
Darstellung zweier Ereignisse in einem Satz, deren Wertigkeit nicht vergleichbar ist
„Im vergangenen Jahr starben fünf Menschen, die ich liebte, und unsere Waschmaschine ging kaputt.“

Chiasmus
Kreuzstellung von Satzstrukturen
„Mäuse züchtete er und aß dafür Schweine.“, „Nachts wachte er und schlief am Tage.“

Dihärese
Sprachliche Zerlegung einer Gruppe in einzelne Mitglieder
„Tanten, Omas, Enkel, Onkel, Neffen, Cousinen, die ganze Familie war angereist.“, „Amsel, Drossel, Fink und Star und die ganze Vogelschar.“ (Hoffmann von Fallersleben)

Epanalepse
Wiederholung eines oder mehrerer Wörter innerhalb desselben Satzes, nicht aber in direkter Folge wie bei der Geminatio
„Und atmete lang und atmete tief.“ (Schiller)

Ellipse
Auslassen eines grammatikalisch, aber nicht zum Verständnis notwendigen Satzglieds
„Wohin des Wegs?“, „Je mehr, desto besser.“, „Warum das?“

Emphase
Nachdrückliche Betonung eines Wortes, um dessen allgemein bekannter, neutraler Bedeutung einen positiven oder negativen Beiklang zu verleihen
„Eine Mutter ist sie!“, „Aufrecht steht vor Dir ein Mann.“

Enallage (auch: Hypallage)
Bezug eines Attributs auf ein Satzglied, auf das dieses Attribut nur indirekt oder gar nicht zutrifft, teilweise synästhetisch, d. h. Sinnesbereiche miteinander vermischend
„Mit arroganten Augen starrte sie mich an.“, „Er malt stets in schreiendem Rot.“

Epanodos
Wiederholung mehrerer Wörter in umgekehrter Reihenfolge
„Ich bin ein Mensch unter wilden Tieren und ein wildes Tier unter Menschen.“ (Calderón)

Epipher
Wiederholung eines oder mehrerer Wörter am Schluss aufeinander
folgender Sätze oder Verse
„Fallen ließ er sich auf die Wolke. Tragen ließ er sich von der Wolke. Treiben ließ er sich auf der Wolke.“

Epiploke
Fortgesetzte Anadiplose
„Er stürzte sich in die Wellen, Wellen trugen ihn auf hohe See, See war sein Zuhause.“

Euphemismus
Beschönigung, Verhüllung
„Preisanpassung“ (für: „Preiserhöhung“), „Freisetzung“ (für: „Entlassung“), „heimgehen“ (für: „sterben“)

Figura etymologica (Sonderfall: Polyptoton)
Verknüpfung von Wörtern gleichen Wortstamms aber verschiedener Wortart, im Fall des Polyptoton Wiederholung eines Wortes in verschiedenen Kasus
„Ein lebhaftes Leben hatte er gelebt.“, „Wenn Frauen mit Frauen über das Frausein reden …“, lat. „homo homini lupus“

Geminatio(n)
Wiederholung eines oder mehrerer Wörter in direkter Folge
„Mein Vater, mein Vater, jetzt fasst er mich an“ (Goethe)

Hendiadyoin (griechisch: Eins für Zwei)
Ähnlich wie Tautologie, Ausdruck eines Sachverhaltes durch zwei sehr ähnliche Begriffe
„hassen und verachten“, „bitten und flehen“, „zerren und reißen“

Hyperbaton (auch: Inversion)
Abweichung von der üblichen Wortstellung
„Wenn er ins Getümmel mich von Löwenkriegern reißt und Göttersöhn’ auf Wagen hoch rachglühend stürmen an.“ (Goethe)

Hyperbel
Übertreibung zum Zwecke der Verdeutlichung
„Ich hab’s Dir schon tausendmal gesagt!“, „Du fährst ja langsamer als eine Schnecke.“

Hysteron proteron
Nennung eines zeitlich früheren Vorgangs nach einem zeitlich späteren Vorgang
„Ihr Mann ist tot und lässt Sie grüßen.“ (Goethe)

Ironie
Ausdruck des Gegenteils dessen, was gemeint ist (wahrscheinlich am häufigsten missverstandenes rhetorisches Mittel)
„Er hat den Laden toll im Griff.“ (für: „Er kommt mit dem Laden nicht zurecht.“), „Das hast du traumhaft hinbekommen.“ (für: „Das hast du völlig falsch gemacht.“)

Katachrese
Unstimmige Metapher
„Das schlägt dem Fass die Krone ins Gesicht.“, „Auch über diese Wunde wird der Zahn der Zeit Gras wachsen lassen.“

Klimax/Antiklimax
Steigerung bzw. Abfall in der Intensität oder Klasse der aufgeführten Begriffe
„Pfarrer, Bischöfe und Kardinäle waren gekommen.“, „Dort standen Großmutter, Mutter und Kind.“

Kyklos
wörtliche Wiederholung eines oder mehrerer Wörter vom Satzanfang am Satzende
„Mein Leben war sein Tod, sein Tod war mir mein Leben.“ (Fleming)

Litotes
Doppelte Verneinung, bisweilen verstärkend gebraucht
„Sein Verhalten ist mir nicht fremd.“ (für: „Ich verstehe sein Verhalten.“), „Das ist nicht falsch.“ (für: „Das ist richtig.“)

Metapher
Ersetzung eines Wortes durch ein Wort aus einem anderen Sachbereich, wobei Charakteristika des verwendeten Wortes auf das ersetzte Wort übertragen werden
„Wir sind der Fels in der Brandung.“, „Sie war eine Pappel im Sturm.“

Metonymie
Ersetzung eines Wortes durch ein Wort aus demselben Sachbereich, wobei eine reale Beziehung zwischen dem verwendeten Wort und dem ersetzten Wort besteht
„der Kreml schweigt“ (für: „der russische Präsident schweigt“), „das Leder treten“ (für: „Fußball spielen“)

Neologismus
Wortneuschöpfung bzw. erweiterte Definition eines existenten Wortes
„Maus“ (für: „Computermaus“), „simsen“, „Du siehst aus wie ein Paprikapferd.“

Onomatopoe(s)ie
Lautmalerei
„Quakender Quatsch quoll aus den quietschenden Scharnieren der krachenden Kanten.“

Oxymoron
Verschmelzung von Ausdrücken, die logisch widersprüchlich sind
„bittersüß“, „glühendes Eis“, „beredtes Schweigen“, siehe: „Dunkel war’s, der Mond schien helle …“

Paradoxon
Vermeintlicher Widerspruch, dessen Bedeutung meist nachfolgend erklärt wird
„Das Leben ist der Tod, und der Tod ist das Leben“, „Geiz ist geil“, lat. „Si vis pacem, para bellum“

Parallelismus
Wiederholung der Wortstruktur in aufeinander folgenden Versen oder Sätzen
„Heute back’ ich, morgen brau’ ich, übermorgen hol’ ich der Königin ihr Kind.“ (Brüder Grimm)

Parenthese
Einschub
„Er sprach bei Gericht vor und – soweit ihm das seine Erinnerung erlaubte – machte eine Zeugenaussage.“

Paronomasie (auch: Annominatio)
Verknüpfung von Wörtern unterschiedlichen Wortstamms aber ähnlichen Klangs
„Die Rheinfahrt wurde zum Reinfall.“, „Die Zeit hat mich befreit vom Leid.“

Periphrase
Ersetzung eines Begriffs durch mehrere Begriffe
„der König der Lüfte“ (für: „Adler“), „das kühle Nass“ (für: „Wasser“)

Permission
Scheinbare Anheimstellung einer von der Rhetorik unbeeinflussten Entscheidung des Lesers
„Die Wahl liegt einzig und allein in Ihren Händen.“, „Du weißt schon, was für Dich richtig ist.“

Personifikation
Unterform der Allegorie, bei der ein abstrakter Begriff in Form einer Person auftritt, der menschliche Eigenschaften zugeschrieben werden können
„Die gute Mutter Erde bot ihm …“, „Fortuna schien ihm zuzulächeln, als …“

Pleonasmus
Vermeintliche Präzisierung eines Substantivs mit einem Adjektiv, dessen Bedeutung per se im Substantiv enthalten ist
„weißer Schimmel“, „alter Greis“, „stinkender Mief“

Polysyndeton ≠ Asyndeton
Aneinanderreihung mehrerer gleichwertiger Begriffe mit einer Konjunktion, was eine Hemmung des Leseflusses zur Folge hat
„Wie frech und keck und kühn und frisch ist er uns entgegen getreten.“

Praeteritio
Vorgebliche Nicht-Erwähnung
„Ich will erst gar nicht darauf zu sprechen kommen, wie …“

Prokatalepsis
Vorwegnahme eines möglichen Einwandes
„Wer an dieser Stelle widersprechen will, dem sei gesagt …“

Prolepsis
Erwähnung eines Begriffes, dem die notwendige Definition bzw. Präzisierung erst nachfolgt
„Hast Du diesen Mann gesehen, wie er Geige spielt?“

Rhetorische Frage
Frage, auf die keine Antwort erwartet wird, weil sie anstelle eines Aussagesatzes steht
„Bin ich Dein Dienstmädchen?“, „Kann jemand die Zeit anhalten?“

Soloezismus
Extreme grammatikalische Fehlerhaftigkeit einer Konstruktion, oftmals unfreiwillig bei Nicht-Muttersprachlern, literarisch selten
„Wir gehe Disco jetzt.“, „Wo du wolle?“

Symbol
Objekt oder Individuum, das einen oft allgemein bekannten, abstrakten Bedeutungskern trägt
„weiße Taube“ (für: Frieden), „Kreuz“ (für: Christentum)

Symploke
Kombination von Anapher und Epipher
„Noch hatte der Strom die Erde beherrscht. Noch hatte ein Gott die Menschen beherrscht.“

Syllogismus
Logischer Dreisatz mit oft überraschendem dritten Teil
„Menschen töten. Tiere töten. Menschen sind Tiere.“

Synekdoche (auch: pars pro toto = ein Teil für das Ganze)
Ein (repräsentativer) Teil eines Gegenstandes oder Sachverhalts wird für das Ganze genannt
„Dach“ (für: „Haus“), „Brot“ (für: „Lebensunterhalt“)

Tautologie
Beschreibung eines Sachverhalts mit mehreren gleichwertigen Begriffen
„ganz und gar“, „recht und billig“

Zeugma
Zuordnung eines Satzglieds auf zwei völlig unterschiedliche Sachverhalte
„Er ließ seiner Frau neue Unterwäsche kommen und sich gehen.“

Wie gebraucht man sie?

Unbedingt mit Vorsicht! Wenn man sich extra einen Spaß daraus machen will, einen Text mit möglichst vielen solcher Stilmittel zu formulieren, kann man natürlich aus dem Vollen schöpfen. Ansonsten lese ich gerne Texte, die sich nur sehr behutsam solcher Effekte bedienen.

Die Zusammenstellung stammt von Christopher, dem wir danken!
FRMOD